Landeshauptstadt: Komplett Potsdamer suchte
Von Henner Mallwitz „Als ich vor diesem maroden Laden stand, wusste ich gleich, wie es drinnen einmal aussehen wird. Die Farben, die Einrichtung – Liebe auf den ersten Blick eben“, denkt Klaus Kühn zurück.
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Von Henner Mallwitz „Als ich vor diesem maroden Laden stand, wusste ich gleich, wie es drinnen einmal aussehen wird. Die Farben, die Einrichtung – Liebe auf den ersten Blick eben“, denkt Klaus Kühn zurück. Doch wenn das alles so einfach gewesen wäre. Zwei Jahre sollten vergehen bis aus dem einstigen Konsum an der Geschwister-Scholl-Straße 82 in Potsdam-West, einem in die Jahre gekommenen Loch, ein Schmuckstück werden sollte. Waschsalon mit kleiner Kneipe, so hatte es sich der heute 35-Jährige gedacht, und davor sogar seinen geliebten Job als Heilerziehungspfleger beim DRK aufgegeben. Für den gebürtigen Hallenser begann eine Odyssee durch die Instanzen und Stadtbezirke. „Mit dem Rad ging“s durch die ganze Stadt auf der Suche nach einem geeigneten Objekt. In Babelsberg fand ich nicht das Wahre, der alte Konsum schien mir auf Anhieb das Richtige zu sein“, so der Existenzgründer. Sogar beim Statistischen Bundesamt stellte sich Kühn vor, forschte nach der Bevölkerungsdichte, surfte ein Vierteljahr im Internet nach wichtigen Tipps und bereiste alle möglichen Waschsalons von Hamburg bis München. Anreize suchen – kein Ideenklau. Denn den brauchte der Wahl-Potsdamer nicht: „Ein Freund von mir betreibt etwas Ähnliches mit Erfolg in Halle schon im neunten Jahr. Da hatte ich ein gutes Vorbild.“ Und los ging“s. Mit äußerst wenig Eigenkapital auf der Suche nach Krediten, traf er seinen Gönner bei der Sparkasse. Der war überzeugt von der Idee, unterschrieb den Darlehensvertrag. Inzwischen ist er versetzt worden. Ob es daran lag? Kühn weiß es nicht. Mit Freunden und Bekannten packte er an, entrümpelte den alten Laden und holte sich für die komplizierten Arbeiten auch einige Potsdamer Firmen. Nach vier Monaten war es soweit: Am 20. Juli öffnete die „Waschbar“ ihre Pforten, und ihr Besitzer hielt wenig später den 2. Preis im Existenzgründerwettbewerb von Antenne Brandenburg in den Händen. Seitdem boomt das Geschäft. Die „weiblichen“ Waschmaschinen Helga, Olga, Susi, Rita und Elke schleudern die Sachen ordentlich durch, bevor sie auf Wunsch den „Herren“ Bill, Elvis und Buddy zum Trocknen überlassen werden können. Hinzu kommen eine Maschine und ein Trockner, die mit Gas betrieben werden. „Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz – das war mir wichtig“, sagt der Chef, dessen Laden seit kurzem auch im Netz unter www.waschbar-pdm.de erreichbar ist. Inzwischen hat die Waschbar einen festen Kundenstamm angezogen. Bauarbeiter und Touris, Studenten und – wie erst kürzlich – auch Künstler. „Viele Tänzer aus Maffays Tabaluga-Truppe haben hier ihr gesamtes Zeug gewaschen“, erzählt Klaus Kühn, der zu jeder Maschinenfüllung immer auch das ein oder andere Getränk, Burger, Salate und Sandwiches an den Mann und die Frau bringt. „Gerade nach den Ferien hatten wir viel zu tun. Viele Anwohner kamen mit ihren Sachen von drei Wochen und nahmen gleich fünf Maschinen. Die Wäsche war somit in einer Dreiviertelstunde statt an einem ganzen Tag fertig.“ Als Konkurrenz in der Straße sieht sich Kühn mit seiner Waschbar nicht. Das Café auf der anderen Seite zieht andere Gäste an, und auch die Pizzeria profitiert eher von dem Publikumszuwachs. Erst recht der Friseur: „Der wäscht seine Handtücher bei mir.“ Als besonders beliebt hat sich vor allem bei den sparsamen Studenten der „Nightwash“ gezeigt. Ab zehn Uhr abends gibt“s eine Maschine und ein Beck“s für vier Euro. Tagsüber müssen 3,50 Euro für eine Sechs-Kilo-Maschine berappt werden, ein Tab kostet 50 Cent. Künftig soll noch mehr Kultur einziehen. Den Anfang macht der Potsdamer Fotograf Pierre Neumann, der über den Maschinen Fotos aus der Skaterszene angebracht hat – entstanden im Potsdamer Volkspark und in Kiew. Passend zum Thema wird am 15. November zudem das neue Potsdamer Skateboard-Video vorgestellt.
Henner Mallwitz
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