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Von Michael Meyer: Komplimente und eine Liebeserklärung
Der 1. FFC Turbine feierte mit 120 Gästen in Luckenwalde 40 Jahre Frauenfußball in Potsdam
Stand:
Theo Zwanziger war Ende Mai 2004 plötzlich in Turbine Potsdam und vor allem in Anja Mittag verliebt. Der damalige Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes verfolgte eher nebenbei vorm Fernseher das erste DFB-Pokalfinale zwischen Turbine und dem FFC Frankfurt. „Ich erwartete wieder einen klaren Frankfurter Sieg, aber diese andere Mannschaft spielte wie von einem anderen Stern, schoss bloß keine Tore, ehe sie doch noch mit 3:0 gewann – und ich war verliebt. Verliebt in Turbines Mannschaft und in Anja Mittag“, erzählte der jetzige DFB-Präsident am Freitagabend offenherzig auf der 40-Jahre-Geburtstagsparty Turbine Potsdams in Luckenwalde. „Ich habe einen Brief an Anja geschrieben, aber nie eine Antwort bekommen.“ Zwanziger wurde trotzdem zu einem großen Turbine-Fan und Förderer des Frauenfußballs, besuchte mit seiner ganzen Familie Spiele in Potsdam, wurde selbst Mitglied des Traditionsvereins und schätzt inzwischen, wie er nun betonte, die große Potsdamer Sportfamilie. „Ich habe hier am Olympiastützpunkt gespürt, wie sich die Aktiven verschiedener Sportarten wertschätzen und gegenseitig anerkennen.“
So waren zu Turbines Feier auch einstige Olympiasieger wie Kathrin Boron (Rudern), Jürgen Eschert (Kanu), Peter Frenkel (Gehen) und Udo Beyer (Kugelstoßen) gekommen. Beyer kennt Turbines Cheftrainer Bernd Schröder schon seit fast 30 Jahren und sagt über ihn: „Bernd ist ein Fußballtrainer, der immer weit über seinen Tellerrand hinausschaut.“ Als Udo Beyer 1976 in Montreal Olympiasieger wurde, spielte Giesela Liedemann bereits fünf Jahre als Linksverteidigerin bei Turbine. Die Kindergärtnerin, die immer noch in der Kita Schwielowsee in Caputh tätig ist, gehörte zu Potsdams Spielerinnen der ersten Stunde. „Das waren damals schon tolle Erlebnisse“, erinnerte sich die inzwischen 63-Jährige, die bei Potsdams jetzigen Heimspielen in einem der Kassenhäuschen des Karl-Liebknecht-Stadions sitzt – bis zur Halbzeitpause, danach ist der Eintritt frei. „Ich habe da vorn während der ersten Halbzeit immer die Tür auf und versuche, durch die Zuschauerreaktionen zu erkennen, wie das Spiel läuft“, so Liedemann, die bis 1984 kickte.
„Sie war die Mutter der Mannschaft“, weiß noch heute die 1979 zu Turbine gekommene Torjägerin Sabine Seidel, die als ihr schönstes Erlebnis „unsere erste DDR-Meisterschaft 1983“ nennt. „Damals hatten wir es im dritten Anlauf endlich geschafft.“ Erstmals dabei war in jener Saison Simone Römhold, später als Simone Thomas beste Mittelfeldspielerin der DDR. Als am Freitagabend in einem halbstündigen Film auch Szenen aus jener Zeit zu sehen waren, amüsierten sich Seidel, Liedemann und Römhold sichtlich. „Ich hänge noch sehr an Turbine, war aber lange nicht mehr im Karl- Liebknecht-Stadion, weil mir das Herz blutet, dass ich nicht mehr mitspielen kann“, erzählte Simone Römhold. „Zum Meisterschafts-Finale nächsten Sonntag gegen Essen werde ich aber doch kommen.“
Perplex war Simone Römhold, als nach einem bunten Programm unter anderem mit den Turbine-Showgirls, der Berliner Vokalgruppe Musix und Hans der Geige ihr einstiger Coach zu ihr kam und „Danke für die schöne Zeit“ sagte. „So etwas hat er früher nie getan“, meinte sie. Bernd Schröder war am Freitagabend aber auch sonst emotional sehr aufgewühlt und mehrmals den Tränen nah, hielt eine bewegende Rede, wurde von Ministerpräsident Matthias Platzeck als bester Klubtrainer der Welt im Frauenfußball gerühmt und von der einstigen Cottbuser Trainerlegende Eduard Geyer als Coach gewürdigt, der sich in all den Jahren nicht habe verbiegen lassen. „Bernd, du hast noch große Aufgaben vor dir“, rief Theo Zwanziger. Auch Anja Mittag musste dabei lächeln.
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