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Landeshauptstadt: Kompromisslos im Kompromiss

WIEDERAUFBAU DER GARNISONKIRCHE

Stand:

WIEDERAUFBAU DER GARNISONKIRCHE LINKS UND RECHTS DER LANGEN BRÜCKE „Spannende Auseinandersetzungen“ hat das linke „Aktionsbündnis gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche“ bis zur geplanten Grundsteinlegung für den Nachbau der 1735 fertiggestellten Barockkirche angekündigt. Als kleinen Vorgeschmack nagelte Lutz Boede von der Kampagne gegen Wehrpflicht in dieser Woche die Anmeldung zur Gegendemo am 14. April 2005 schon mal an die Tür des Polizeipräsidiums. Boede und seinen Mitstreitern ist das geplante Datum für die Grundsteinlegung ein Dorn im Auge. Sie meinen, wer am 60. Jahrestag des verheerenden britischen Bombenangriffs auf Potsdam den Wiederaufbau der Garnisonkirche startet und auf diese Weise den Opfern gedenkt, der verharmlose damit zugleich die Verbrechen der Nazis. Differenzierung war schon immer eine Schwäche dieser linken Gruppe. Wie sonst käme sie auf die Idee, eine wiedererrichtete Garnisonkirche würde erneut zum Symbol des preußischen Militarismus. Gerade dies wird nicht stattfinden. Mit dem Nachbau der 1968 gesprengten Ruine wird nicht nur eine Lücke im Stadtbild geschlossen, das Nutzungskonzept der evangelischen Kirche wird es zudem nicht zulassen, dass sich Revanchisten und Kriegstreiber dort wohlfühlen. Das Nagelkreuz der Versöhnungskirche von Coventry wird jeden Gast schon am Eingang begrüßen und im Kirchenschiff werden sich neben den Räumen der Citykirche auch die Einrichtungen des Internationalen Versöhnungszentrums befinden. Würde sich das Aktionsbündnis durchsetzen – selbst die Mitglieder wissen ja, dass dies abwegig ist –, würde sich Potsdam um eine große Chance bringen, einen Beitrag zu Frieden und Versöhnung zu leisten. Genau an diesem Ort, der mit dem „Tag von Potsdam“, aber auch dem Widerstand des 20. Juli in Verbindung gebracht wird, wo Nazi-Propaganda betrieben und Toleranz gepredigt wurde, soll dieser Beitrag erarbeitet werden. Wer diese Auseinandersetzung verhindern will, der stellt sich gleich mit der anderen Seite: Die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel, die inzwischen 5,8 Millionen Euro für den Wiederaufbau gesammelt hat, diktiert bis heute Bedingungen für die Übergabe der Spenden – mit denen das Versöhnungszentrum verhindert werden soll. Darauf wird sich die evangelische Kirche ebenso wenig einlassen, wie auf die Forderung, gänzlich auf den Wiederaufbau zu verzichten. Der Weg, der jetzt mit dem „Ruf aus Potsdam“ beschritten wird – Wiederaufbau in historischer Hülle mit dem Nutzungskonzept der Potsdamer Kirche –, ist sicher ein Kompromiss. Er sollte jedoch kompromisslos weiterverfolgt werden – auch und gerade in der Auseinandersetzung. Michael Erbach

Michael Erbach

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