Landeshauptstadt: Konfekt geklaut und an Ort und Stelle verspeist
Ladendiebe gleich massenweise im beschleunigten Verfahren vom Amtsgericht verurteilt
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Ladendiebe gleich massenweise im beschleunigten Verfahren vom Amtsgericht verurteilt Von Gabriele Hohenstein „Ein Satz der Damen kam mir komisch vor“, erinnert sich Kaufhausdetektiv Rainer Z. (38) im Zeugenstand. Allerdings wisse er nicht mehr, ob Silvia A. (35) oder Monika B. (47) ihn gebeten habe, das Diebesgut „auf eine Person zu schreiben“. Eines jedoch habe er genau im Gedächtnis: Beide klauten am 25. Juli 2003 im Kaufland wie die Raben. Sie steckten Zigaretten und Lebensmittel in eine Reisetasche, passierten dann den Kassenbereich, ohne die Ware im Wert von 48 Euro zu bezahlen. Die Putzfrauen auf der Anklagebank – sie müssen sich wegen gemeinschaftlichen Diebstahls im beschleunigten Verfahren vor dem Amtsgericht verantworten – stellen die Aussage des Security-Mitarbeiters in Abrede. „Ich habe die Sachen alleine eingesteckt“, behauptet Silvia A. „Meine Kollegin wusste überhaupt nichts davon.“ Im Bundeszentralregister von Monika B. sind allerdings 14 Eintragungen vermerkt, meist wegen Diebstahls, aber auch wegen Verletzung der Unterhaltspflicht, Vollrausches, Unfallflucht, Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie Betruges. Zu DDR-Zeiten saß die Reinigungskraft mehrfach in Haft, später folgten finanzielle Sanktionen und Freiheitsstrafen auf Bewährung. Obwohl der Staatsanwalt eine gemeinschaftlich begangene Tat als erwiesen ansieht, hat die Richterin „letzte Zweifel an einer Mittäterschaft“ der so zahlreich Vorbestraften und spricht sie frei. Silvia A. muss eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 Euro zahlen. Die Anklagebank ist noch warm, als Eva-Maria H. (57) auf ihr Platz nimmt. Auch die Sozialhilfeempfängerin machte lange Finger. Sie stahl am 18. September in den Bahnhofspassagen Konfekt, aß die süße Köstlichkeit gleich an Ort und Stelle auf. „Dabei hatte ich gar keinen Hunger“, gesteht die Frau freimütig. „Es wird bestimmt nie wieder vorkommen.“ Die späte Reue nützt ihr wenig. Das Urteil: Zehn Tagessätze á 10 Euro wegen Diebstahls geringwertiger Sachen. Jutta K. (62) redet wie ein Wasserfall. Erregt trommelt sie mit ihren gepflegten Fingernägeln auf die Tischplatte. „Ich rauche gar nicht mehr. Dass ich die Zigaretten genommen habe, war eine Riesendummheit“, meint sie reumütig. Außer den Glimmstängeln ließ die gestylte Lady am 16. Oktober auch einen Lippenstift und Bonbons aus dem Kaufland mitgehen. Die 400 Euro Geldstrafe findet sie entschieden zu hoch. „Sie können sie auch in gemeinnützige Arbeit umwandeln lassen“, rät die Vorsitzende und lässt den nächsten Ladendieb aufrufen.
Gabriele Hohenstein
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