Landeshauptstadt: Konflikte „nach allen Seiten“
Bei der Entwicklung der Kirchsteigfeld-Gewerbebrache sind Bürger, Rathaus und Investor weiter uneins
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Kirchsteigfeld - Vier Varianten und alle haben für einen der Beteiligten einen Pferdefuß: Die Stadtverwaltung hat am Mittwoch vorgestellt, wie die Gewerbebrache im Kirchsteigfeld, bekannt geworden unter dem Namen des gescheiterten Projekts „Drewitz-Park“, entwickelt werden könnte.
Herausgekommen ist der missglückte Versuch, den Kreis zu quadrieren. Denn die Schnittmengen der von der Bürgerinitiative, des Investors Henrik Aldinger und der Stadtverwaltung favorisierten Varianten liegen so weit auseinander, dass es am Ende einen Verlierer geben wird. Wer das ist, wird maßgeblich davon abhängen, ob und in welchem Umfang die 8,7 Hektar ehemaliger Staatswald in die Entwicklung einbezogen werden, die Aldinger im Mai 2009 vom Landesbetrieb Forst gekauft hat. Bislang sind sie im Flächennutzungsplan als Erholungswald ausgewiesen, einen Stadtverordnetenbeschluss zur Umwidmung in Einzelhandels- oder Gewerbeflächen gibt es bislang nicht.
Die Bürgerinitiative Kirchsteigfeld will laut Aussage der Stadtverwaltung maximal 1,5 Hektar des Waldes für Einzelhandel opfern, das Rathaus befürwortet eine Umwidmung von fünf Hektar zu Gewerbeflächen, Aldinger will auf denselben fünf Hektar Einzelhandel ansiedeln. Mehr Boden preiszugeben, ist keine der drei Seiten bereit. Aldinger argumentiert, selbst bei lukrativen Einzelhandelsflächen blieben ihm unterm Strich nur 332 000 Euro, weil er außerdem noch den Bau der Erschließungsstraße zwischen A 115 und Trebbiner Straße bezahlen müsste. Die Stadtverwaltung kommt für Aldingers Variante zu einem deutlich anderen Rechenergebnis: Danach blieben ihm bei einem Verkauf der Handelsflächen fast 4,9 Millionen Euro. Bei einer Widmung des Waldes zu Gewerbeflächen – wie es das Rathaus favorisiert – wären es immerhin noch knapp 900 000 Euro. Nur der Vorschlag der Bürgerinitiative käme nach Verwaltungsrechnung zu einem für Aldinger negativen Ergebnis – er würde 80 000 Euro Verlust machen.
Aus den drei divergierenden Positionen hat die Bauverwaltung nun eine vierte Variante destilliert, die sie den Stadtverordneten zur Beschlussfassung empfehlen will: Danach sollen die fünf Hektar Wald zwischen A 115 und der neuen Erschließungsstraße auf 3,5 Hektar Gewerbe und 1,5 Hektar Einzelhandel aufgeteilt werden, letzterer darf allerdings nicht in Konkurrenz zu Innenstadtangeboten treten. Es liefe dann auf einen Bau- oder Gartenmarkt hinaus, sagte Stadtplanungschef Andreas Goetzmann.
Er betonte indes, dass diese Lösung auch bei der Verwaltung keine Begeisterung auslöse, „weil Konflikte in alle Richtungen vorprogrammiert“ seien. Wenn die Stadtverordneten den Vorschlag ablehnen, bleibe der Bebauungsplan ungeändert. In diesem Fall bliebe der Wald komplett erhalten und nur das gut drei Hektar große, bereits jetzt als Gewerbefläche ausgewiesene Areal zwischen Ricarda-Huch-Straße und A 115 dürfte entwickelt werden. Haftungsansprüche könne Aldinger dann nicht geltend machen, so Goetzmann.
Die Umstände des Waldverkaufs sind ohnehin umstritten. Wie berichtet hat die Bürgerinitiative vor Gericht die Erlaubnis erstritten, einen Teil der Akten einzusehen. Am Montagabend wurden die vier Varianten auf einer Bürgerversammlung öffentlich diskutiert. BI-Sprecher Wilfried Naumann forderte die Verwaltung auf, die Beschlussvorlage zurückzuziehen. Die Initiative setzt darauf, den Wald komplett zu erhalten – nach ihren Angaben rund 5000 Bäume. Sie beruft sich dabei auf den gültigen B-Plan. Eine Entwicklung des Gewerbegebiets, so Naumann, dürfe nur in den B-Plan-Grenzen erfolgen – also ohne den Wald.
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