Landeshauptstadt: Kontrolle muss sein
GLAUBWÜRDIGKEIT VON POLITIK
Stand:
GLAUBWÜRDIGKEIT VON POLITIK LINKS UND RECHTS DER LANGEN BRÜCKE Untersuchungsausschüsse hat es in der Geschichte der Stadtverordnetenversammlung kaum gegeben. In Erinnerung geblieben ist höchstens der Ausschuss, der sich 1998 mit dem Fall Detlef Kaminski beschäftigte, der als Baubeigeordneter über ein dubioses Mietangebot einer Bank gestolpert war. Dass diese Form der Aufklärung kaum gewählt wird, spricht ja zunächst für Parlament und Verwaltung. Wenn nichts aufzuklären ist – umso besser. Oder aber es gibt einen Selbstreinigungsprozess, der einen Untersuchungsausschuss erst gar nicht notwendig macht. Letzteres ist in Potsdam nicht gegeben. Die Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Brigitte Reiß, behauptet nämlich, dass es in ihrer Zeit als Vorsitzende noch in keinem Fall zu Konsequenzen aus Fehlleistungen und Versäumnissen, die der Stadt zum Schaden gereichten, gekommen sei. Der Ausschuss, der vertraulich arbeitet, ist ein Kontrollorgan der besonderen Art – denn er wird erst dann richtig aktiv, wenn etwas schief gelaufen ist. Und es liegt wohl in der Natur der Dinge, dass man sich damit nicht beliebt macht. Kein Wunder, dass Brigitte Reiß befürchtet, dass der Ausschuss abgeschafft werden könnte. Bemühungen habe es schon nach der Kommunalwahl 1998 gegeben, in den letzten Tagen seien erneut entsprechende Signale bei ihr angekommen. Reiß wird sich für den Erhalt des Ausschusses nicht einsetzen können - die SPD hat sie von der Kandidatenliste gestrichen. Aber sie will die Arbeit bis zum 26. Oktober weiter führen. So lassen ihr die 445 000 Euro, die der Stadt im Zuge der Insolvenz von Babelsberg 03 verloren gingen, keine Ruhe. Zumal in dieser Angelegenheit noch Fragen offen sind. Oberbürgermeister Jann Jakobs hat seine Versprechungen bislang nicht eingehalten, die Affäre aufzuklären und auch Verantwortlichkeiten zu benennen. Vielleicht kommt es noch. Aber es sieht eher danach aus, dass Druck entstehen muss. Aus den Reihen des Parlaments. Und über einen Prüfausschuss – der hoffentlich nach dem 26. Oktober weiterarbeiten kann. Es muss ja nicht gleich ein Untersuchungsausschuss sein. Aber es geht um sehr viel – um die Glaubwürdigkeit von Politik. Michael Erbach
Michael Erbach
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: