Sport: Kontrolle wäre besser
Die Dopingbekämpfung bei der Tour hat Lücken
Stand:
Cholet - Im vergangenen Jahr markierte Christian Prudhomme den starken Mann. Alles werde er tun, um sein Rennen zu schützen, donnerte der Tour-de-France- Direktor in die Mikrofone, als er den Rauswurf des Skandalteams Astana bekanntgab. Ein Jahr später beklagt er sich nun im Gespräch mit „Le Figaro“ über eine hysterische Medienmeute, die das Thema aufblasen würde. Prudhomme will lieber über den schönen Radsport reden.
Vielleicht liegt seine Leisetreterei auch ein wenig daran, dass er seinen markigen Worten keine entsprechenden Taten hat folgen lassen. Das neue Dopingkontrollsystem ist alles andere als wasserdicht. In der Kritik steht vor allem das Chaperon-System, das eine Manipulation zwischen Rennende und der Abgabe der Probe ausschließen soll. Helfer sollen die Athleten nicht aus den Augen lassen, bis sie in die Becher der französischen Anti-Doping-Behörde AFLD pinkeln.
Die Chaperone scheinen in diesem Jahr jedoch von ihrem Job überfordert. So brachten sie den jungen deutschen Sprinter Gerald Ciolek nach der 2. Etappe zur Dopingprobe, obwohl dieser gar nicht ausgelost worden war. Sie hatten ihn mit seinem Kollegen Kim Kirchen verwechselt. Der Sieger der ersten Etappe, der unter Dopingverdacht stehende Alejandro Valverde, ließ seinen Chaperon eine gute Stunde lang hinter sich herlaufen, während er Interviews gab.
Ursache dieser Pannen ist der Machtkampf zwischen der Tour-Organisation ASO und dem Weltverband UCI. Prudhomme entzog der UCI die Hoheit über die Dopingkontrollen und gab sie in die Hände der AFLD und des französischen Verbands FFC. Die aber scheinen auf eine so große Aufgabe nicht ausreichend vorbereitet zu sein. Die Chaperons sind Angestellte einer privaten Sicherheitsfirma, die bislang eher mit Gebäudeschutz betraut wurden. Zudem hat sich die Tour durch den Zank selbst des nach Expertenmeinung wirksamsten Instruments beraubt, das es in der Dopingbekämpfung derzeit gibt – des von der UCI entwickelten Blutpasses nämlich.
Nach dem Bruch weigert sich die UCI, die für den Blutpass erhobenen Fahrerdaten an die AFLD weiterzugeben. Bei den Tests für den Pass in diesem Frühjahr sollen 23 Fahrer aufgefallen sein – einige davon dürften bei der Tour dabei sein. Ist der französische Sonderweg ein Rückschritt im Dopingkampf? Bob Stapleton, der Besitzer des Teams High Road, sagt: „Die Dopingbekämpfung gehört in die Hände einer objektiven internationalen Institution.“ Sebastian Moll
Sebastian Moll
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: