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Landeshauptstadt: Körper-Beherrscher

Erfahrene Breakdancer betreuen im Jugendclub 18 kostenlos Neulinge dieses Tanzsports

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Aus sportmuffeliger Sicht ist die Frage, die sich an diesem Nachmittag im Jugendclub 18 stellt, berechtigt: Warum tun die sich das an? Warum zum Beispiel sitzen sich auf dem Boden zwei Jungs mit gespreizten Beinen gegenüber und drücken sich gegenseitig den Oberkörper nach unten, dass es in jedem Wadenmuskel weh tun muss. Warum versucht ein anderer Junge auf den Händen zu gehen, dass dabei vor Anstrengung der Kopf rot wird. Und ist es nicht schmerzhaft, wenn einer wie der 18-Jährige Vince einen so genannten Air-Freeze versucht: Also sich mit einer Hand abstützt und in dieser Position seine Beine waagerecht in der Luft bewegt? Mindestens dreimal in der Woche treffen sie sich in dem Jugendclub in der Pietschkerstraße zum Breakdance-Training. Antworten auf das „Warum?“ haben die Jugendlichen dabei nicht auf Anhieb parat. Doch dafür zelebrieren sie ihren Tanzsport auf dem Turnhallenboden des Hauses mit umso mehr Hingabe, hören laute Musik dazu: Hip Hop, Techno, Crossover-Metal

Da ist zum Beispiel Thomas, der erst seit einem knappen Monat übt. Dreimal in der Woche macht der 19-Jährige sich von Michendorf auf zum Stern. In der Schule hat er von dem Angebot erfahren. Da sei er eben vorbeigekommen – eine Anmeldung ist für die kostenlosen Trainingsstunden nicht nötig. „Ich denke, dass ich das länger machen werde“, sagt Thomas und dehnt sich an einem Türrahmen. Was ihm an dem Sport gefällt? Erst weiß er es nicht genau, dann sagt er: „Wegen des Taktgefühls.“ Und wegen der Beweglichkeit, die er so erhält. Jetzt übt er das so genannte Toprocking, das für Breakdance typisch lässige Tanzen im Stand, dem sich die akrobatischen Elemente anschließen.

Michael betreut solche Neulinge wie Thomas. „Wir verstehen unsere Treffen allerdings nicht als Vorturnen, sondern als freies Training, bei dem sich Neueinsteiger gezielt Tipps von erfahrenen Breakdancern holen können.“ In diese Kategorie gehört Michael eindeutig. Der 24-Jährige trainiert bereits seit sieben Jahren: Ohne Probleme schafft er es schon während der Erwärmung, seinen Oberkörper sitzend so tief zu beugen, dass sein Gesicht seine Beine berührt. Als Mitglied der „Rocking Skillz“ trainiert er nicht nur zum Spaß: Die Breakdance-Gruppe gründete sich 1996 in Potsdam, wurde im vergangenen Jahr beispielsweise ostdeutscher Meister und hat regelmäßig öffentliche Auftritte.

Einer der früher auch bei den Skillz war, ist Ingo. Jetzt betreibt er den Sport noch als Hobby, kommt ab und an trainieren und beraten. Der 23-Jährige weiß, wie schwer es Neulinge haben. „Bis jemand an einem Nachwuchswettbewerb teilnehmen oder mit den Rocking Skillz auf die Bühne gehen kann, dauert es mindestens ein Jahr.“ Doch zumeist trenne sich eher die Spreu vom Weizen: Durchhalten sei wegen des anstrengenden Trainings angesagt.

Auffällig auch für ihn ist die geringe Zahl von Mädchen in der aktiven Breakdance-Szene. „Reine Frauenteams lassen sich an einer Hand abzählen.“ Im Club 18 ist an dem Tag ein Mädchen da, aber zehn Jungs. Doch damit hat Suse kein Problem. Zum Breakdance ist die 21-Jährige vor sechs Jahren gekommen. Heute trainiert sie vier- bis fünfmal die Woche jeweils zwei bis drei Stunden lang. Inzwischen ist sie schon zwei Jahre bei den „Rocking Skillz“ aktiv, trägt beim Training ein T-Shirt mit dem Logo der Gruppe. „Das Auspowern hier tut gut“, sagt sie. Zudem sei das kräftezehrende Tanzen eben ein anderes Hobby als zum Beispiel in Theatergruppen zu spielen.

Doch reicht das schon als Erklärung für das „Warum“? Ex-Skillz-Tänzer Ingo versucht es: „Es ist einfach faszinierend, sich so einen hohen Grad an Körperbeherrschung beizubringen“, sagt er. Vince, der von seinen Baby-Freeze-Übungen gerade kurz Pause macht, ergänzt: „Es ist ein Sport, den nicht jeder macht, der den Körper fordert und der viel Konzentrationsfähigkeit verlangt.“ Ein noch bei den „Rocking Skillz“ aktiver Tänzer, der 28-jährige Carsten, bringt es auf den Punkt: „Es ist doch einfach geil, sich so zu bewegen – wer das sieht, will das auch können.“ Gerade wuchtet Betreuer Michael seinen Körper nach hinten, nur auf seinen Unterarm gestützt. Es sieht aus, als könne er seinen Körper auch verknoten, wenn er nur will.

Das Breakdance-Training im Jugendclub 18 findet Dienstag bis Donnerstag jeweils von 17 bis 20 Uhr statt. Der Mittwoch bietet dabei einen speziellen Anfängerkurs. Infos unter Tel: (03 31) 60 06 02 10.

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