Links und rechts der Langen Brücke: Kostenloses Schulessen
Jan Brunzlow über den zwiespältigen Kampf der Linken um kostenloses Schulessen und Schulmilch für „sozial Schwache“
Stand:
Die Frage des Potsdamer CDU-Stadtverordneten war eigentlich nicht rhetorisch: „Wie definieren Sie sozial schwach?“ Die Verwaltung warf als Antwort einige Tage später mit Nummern von Sozialgesetzbüchern und den Schlagwörtern GEZ-Befreiung, Bedarfsgemeinschaft und Hartz IV um sich. Kinder all jener sollen künftig kostenloses Schulessen bekommen, kostenlose Schulmilch und kostenlose Fahrausweise zur Schule, wenn es nach dem Willen der Linken geht. Jubel könnte ausbrechen über die soziale Einsatzbereitschaft der Sozialisten, die durch ihre Vorschläge aber neuen Sozialneid hervorruft. Beispielsweise bei Menschen, die arbeiten gehen, am Existenzminimum leben und dennoch keine Unterstützung haben. Sie müssen für ihre Kinder weiter die Fahrten zur Schule, das Essen in der Schule und den Hort bezahlen. Sie sind von diesen Regelungen nicht betroffen und in den Augen vieler dennoch als „sozial schwach“ klassifiziert. Die Definition per Gesetz ist daher zu wenig, um zwischen materiell arm und reich in der Gesellschaft zu unterscheiden.
Auch im Streit zwischen staatlicher Fürsorge oder elterlicher Pflicht wird das Gesetzbuch keine Klärung bringen. Immer wieder werden Fragen aufgeworfen: Hat der Staat bei der Schulpflicht auch die Aufgabe, dass die Kinder kostenlos zur Schule kommen? Hat der Staat die Pflicht, beim Aufbau von Ganztagsschulen auch für eine kostenlose Betreuung inklusive Speiseversorgung in der Zeit zu sorgen? Hat der Staat die Pflicht, den Schülern und Eltern die Bücher und Materialien kostenlos zur Verfügung zu stellen? Bayern macht es in Sachen Schulbüchern wieder einmal allen vor. Dort sollen die Schulbücher ab dem kommenden Jahr kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Ja, die reichen Bayern, kaum Arbeitslosigkeit, viel Industrie, viele Steuern. Aber auch Brandenburg erwirtschaftet einen Milliardenüberschuss und gehört zu den größten Sparfüchsen der Bundesländer. Mit großem öffentlichen Beifall werden Milliarden eingenommen und tausende Stellen gekürzt. Wenn das die Deutsche Bank als Wirtschaftsunternehmen macht, wird sie von Politikern öffentlich an den Pranger gestellt. Bleibt die Frage, wer von beiden mehr soziale Verantwortung übernehmen muss, Staat oder Unternehmen. Die Worte „sozial schwach“ bekommen in diesem Zusammenhang zumindest noch eine ganz andere Bedeutung.
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