Landeshauptstadt: Kräftiger Fußtritt gegen einen Renault
Jugendschöffengericht reagierte mit Verwarnung, Sozialstunden und Bewährungsverlängerung
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Jugendschöffengericht reagierte mit Verwarnung, Sozialstunden und Bewährungsverlängerung Von Gabriele Hohenstein Eigentlich hatte Jürgen B.* gar nicht vor, eine Strafanzeige zu erstatten und die Sache unnötig hoch zu hängen. Aber dann überwog doch der Frust über den jungen Mann, der sich so gar nicht kooperativ zeigte. „Hätte er mir erklärt, was ihn geritten hat, sich hinterher vielleicht entschuldigt, säßen wir heute bestimmt nicht hier“, meint der Zeuge. Doch Francis D.* (20) zeigte sich bockig und will auch vor dem Jugendschöffengericht vorerst nicht mit der Sprache heraus. Laut Anklage soll er am 8. August vorigen Jahres dem aus einer Parklücke herausfahrenden Renault von Jürgen B. einen Fußtritt verpasst haben, der eine deutliche Delle (Schaden: 150 Euro) hinterließ. „Der Jugendliche stand provokativ auf der Straße und rührte sich nicht von der Stelle“, erzählt der Autofahrer. Als es ihm endlich gelungen sei, sich an Francis D. vorbeizuschieben, habe dieser unvermittelt gegen die Autotür getreten. „Das Einzige, was ihm einfiel, war der Satz, ich solle mich nicht so haben. Es sei doch schließlich nicht weiter schlimm“, ärgert sich der Zeuge noch jetzt. „Tut mir Leid. Ich habe in dem Moment wohl überreagiert“, meldet sich der wegen Sachbeschädigung Angeklagte nun doch zu Wort. Dabei war der frühere Intensivtäter – Francis D. ist u. a. wegen Ladendiebstahls in 12 Fällen, Hausfriedensbruchs, Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Wohnungseinbruchsdiebstahls vorbestraft – inzwischen auf dem besten Weg in ein straffreies Dasein. Die Obdachlosigkeit gehörte der Vergangenheit an, Sozialhilfe war beantragt, eine eigene kleine Wohnung gefunden. Auch Rauschgiftkonsum war längst kein Thema mehr. Die verhängte Bewährung aus seiner letzten Verurteilung lief eigentlich ganz gut. „Allerdings bemüht sich Francis, der wegen notorischen Schwänzens von der Schule flog, absolut unzureichend um Arbeit oder eine Ausbildung“, schätzt der Bewährungshelfer ein. „Die Befriedigung momentaner Bedürfnisse ist ihm immer noch wichtiger, als sein Leben zu planen.“ Das will der Angeklagte nicht unwidersprochen hinnehmen. In seinem letzten Wort betont er, sich von seinem alten Freundeskreis getrennt zu haben. „Ich kenne jetzt nur noch anständige Leute“, erklärt er leicht pathetisch. Der Staatsanwalt glaubt an „einen einmaligen Ausrutscher während der Bewährungszeit“, der mit einer Verwarnung und 50 Sozialstunden geahndet werden könne. Das Jugendschöffengericht urteilt ebenso. Außerdem verlängert es die Frist für die Bewährung um ein halbes Jahr. (*Namen geändert.)
Gabriele Hohenstein
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