Landeshauptstadt: Kreatives Spinnen
Die in Europa einzigartige „School of Design Thinking“ lehrt, im Alltag das Nichtalltägliche zu sehen
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Babelsberg - Europas erste „Erfinderschule“ hat ihre Arbeit aufgenommen. Gestern präsentierten die Studenten der neuen „School of Design Thinking“ als Teil des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts (HPI) die Ergebnisse ihres bislang dreiwöchigen Kurses. Die Design School ist ein Zusatzstudium für Studenten, die kurz vor ihrer Diplom- oder Masterprüfung stehen. Jeweils am Dienstag und am Donnerstag widmen sie sich in speziellen Räumen des HPI einem Fach, das HPI-Sprecher Hans-Jürgen Allgaier nicht besser beschreiben kann als mit „Einführung in die Methodik des kreativen Spinnens“.
Leiter der „School of Design Thinking“ ist Prof. Ulrich Weinberg, der sich zugunsten der Erfinderschule von der Filmhochschule „Konrad Wolf“ beurlauben lassen hat. Zuvor besuchte er die Stanford Universität in Kalifornien, wo es die ebenfalls von der Stiftung des SAP-Mitbegründers Hasso Plattner finanzierte Schwesternschule der Potsdamer Neugründung gibt, die „d.school“. Die „d.school“ kann nur absolvieren, wer Stanford-Student ist. Und Stanford-Student kann nur sein, wer 20 000 Dollar Studiengeld im Jahr bezahlen kann. Das Angebot in Potsdam dagegen ist kostenlos.
In deutschen Ohren klingt Design nach „gestalten“, in englischen dagegen mehr nach „konstruieren“, „entwickeln“, erklärte gestern HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel. Die Entwicklung und Gestaltung von Problemlösungen für Aufgaben des Alltags gestalte sich immer schwieriger, da beteiligte Fachleute mittlerweile so hochspezialisiert sind, „um die Themen aus dem Leben und der Gesellschaft zu bewältigen“, so Meinel: „Überdisziplinarität wird immer schwieriger.“ Problemlösungen verlangten immer auch Gesichtpunkte anderer Fächer.
In Erkenntnis dessen bringt die „School of Design Thinking“ Studenten verschiedener Fächer zusammen – die 40 Studenten des ersten Jahrganges repräsentieren 30 Studienfächer von A wie Architektur bis W wie Wirtschaft. Nur drei Teilnehmer sind HPI-Studenten, die anderen kommen von Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen der Region. Ziel sei, die Studenten „flexibler“ zu machen „im Kopf“, so Prof. Weinberg. Daher ist im School-Saal alles auf Rollen montiert, Sofas, Tische, Zwischenwände, alles kann auf Bedarf umgestellt werden. So entsteht mittels der mobilen Wände schnell Platz für verschieden große Arbeitsgruppen. Prof. Meinel: „Es schiebt sich alles, jede nachdem, was stattfindet, leicht zurecht.“
Eines der ersten Themen der Studenten lautete „Wäsche“. Aufgabe war es, das Nichtalltägliche, Besondere daran zu finden und Neues zu erfinden. Bei ihren Forschungen im studentischen Umfeld des Uni-Campus“ Griebnitzsee stellten die jungen „Erfinder“ fest, dass der Waschraum im Studentenheim der einzige Gemeinschaftsraum ist und dort Partys stattfinden. Ferner entwickelten die Studenten in der zweistündigen Übung die Idee der „Mitwaschzentrale“ ähnlich einer Mitfahrzentrale. Omas und Opas aus der Campus-Umgebung könnten sich etwas dazuverdienen. Bei der Suchmaschine Google fand sich für „Mitwaschzentrale“ nur ein einziger Eintrag, die Idee sei also fast völlig neu, so Prof. Meinel.
Künftig werden sich die Studenten in dem Ein-Jahres-Kurs drei Schwerpunktthemen widmen: Verbindungen zwischen den Generationen, Kommunikation in der Zukunft sowie die Entwicklung von Produkten für Dritte-Welt-Länder. An der „d.school“ in Stanford wurde dabei etwa ein 200-Dollar-Inkubator für Frühgeborene entwickelt.
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