Von Michael Erbach: Kreisverband der Linken vor Machtwechsel
Teile des Kreisvorstandes entschieden sich für anderen Chef-Kandidaten – ohne Heuer zu fragen
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Der Kreisverband der Linken in der Landeshauptstadt steht vor einem Machtwechsel. Die Wiederwahl des Kreisvorsitzenden Pete Heuer ist äußerst fraglich geworden, weil er offenkundig einen Großteil der Spitze innerhalb des Kreisverbandes gegen sich hat. Bekannt ist bereits, dass sich neben Heuer auf dem Kreisparteitag am Samstag auch Günther Waschkuhn zur Wahl als Kreischef stellen will. Bislang nicht bekannt: Noch bevor Heuer seine Kandidatur zur Wiederwahl öffentlich machte, hatte sich bereits Waschkuhn als Kandidat zur Verfügung gestellt – nachdem er von Mitgliedern des Kreisvorstandes dazu gedrängt worden war. Scharfenberg bestätigte gestern auf PNN-Anfrage, dass nicht Heuer, sondern der 59-jährige Waschkuhn von Kreisvorstandsmitgliedern gefragt worden sei, ob er am 15. November für das Amt des Kreisvorsitzenden kandidieren wolle. „Ich gehörte mit dazu“, so Scharfenberg.
Über die Gründe wollte Scharfenberg auf PNN-Anfrage nichts sagen. Die Partei habe es immer so gehalten, „dass Differenzen parteiintern ausgetragen werden“. Es sei ein Grundsatz der Demokratie, dass sich mehrere Kandidaten zu einer Wahl stellen. Die derzeitige Diskussion in der Öffentlichkeit über die Machtkämpfe unter den Potsdamer Linken beruhe auf einer falschen Wahrnehmung. Es gehe nicht um den Streit zweier Richtungen in der Partei. „Ausdruck dafür ist der einstimmige Kreisvorstandsbeschluss vom letzten Wochenende“, so Scharfenberg. Darin heißt es, die Linke wolle „nach dem Prinzip der wechselnden Mehrheiten die sachliche Zusammenarbeit mit allen Stadtverordneten aller demokratischen Parteien und Wählerversammlungen“ suchen.
Inhaltlich, so Heuer gestern gegenüber den PNN, entspreche der Antrag auch genau seinen Intentionen. Eine strukturelle Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten komme aufgrund der Kooperationsvereinbarung zwischen SPD, CDU/ANW, Bündnis 90/Grüne sowie FDP/Familienpartei nicht infrage. „Aber das ist nicht die Option, die ich mir wünsche.“ Heuer betonte, dass es normal sei, wenn sich zwei Kandidaten um ein Amt bewerben. Dass Waschkuhn von Teilen des Kreisvorstandes zum Kandidaten gekürt wurde, habe ihn aber „überrascht“.
Allerdings war die Position von Heuer bereits nach dem mit Scharfenberg nicht abgestimmten Treffen mit SPD-Fraktionschef Mike Schubert vor zwei Jahren umstritten – mehr noch nach seinen ebenfalls überraschenden Erörterungen über eine rot-rote Zusammenarbeit in Potsdam in der November-Ausgabe der Linke-Zeitung „Potsdams andere Seiten“. Selbst Teile der Basis werfen ihm eigenmächtiges Handeln vor – und eine zu moderate Haltung gegenüber der SPD.
Heuer bekam diese Einschätzung bereits zu spüren. Auf dem Wahlparteitag der Linken für die Kommunalwahlen im Sommer musste sich der 40-Jährige damit abfinden, dass ihm in seinem Wahlkreis als Spitzenkandidat die Landtagsabgeordnete Anita Tack zur Seite gestellt wurde – Doppelspitze wurde diese seltsame Konstellation genannt. Und nach der Wahl versagten die Genossen ihrem Kreischef einen Platz im wichtigsten Ausschuss – dem Hauptausschuss. Dort ist er nur stellvertretendes Mitglied.
Ex-Gewerkschaftsfunktionär Waschkuhn, der 17 Jahre Mitglied der SPD war und die Linke mitbegründete, sprach gestern davon, dass er für einen kollektiven Arbeitsstil stehe, für Teamwork, eine innerparteiliche Diskussion, ehe man an Öffentlichkeit gehe – und gegen „Einzelkämpfer-Allüren“.
Michael Erbach
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