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Von Eva Ziebarth: Kriminell aus Leichtsinn
Wegen Diebstahls muss ein 21-jähriger Potsdamer 30 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten
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Drei Sozialstunden hat er hinter sich. 27 stehen Thomas G.* noch bevor. Der 21-jährige Potsdamer wurde kürzlich wegen Motorraddiebstahls vom Amtsgericht Potsdam zu 30 Stunden gemeinnützige Arbeit verurteilt. Kurz: GZA.
Der große runde Tisch, an dem Thomas sitzt, lässt ihn klein und hilflos erscheinen. Kriminell sieht er nicht aus: Sein blauweiß gestreifter Pullover sitzt perfekt. Seinen Körper trainiert er regelmäßig im Fitnessstudio und seine Haut ist sehr gebräunt. Seine Sozialarbeiterin Sandra Pohlmann sitzt neben ihm. Die blonde Frau ist nur vier Jahre älter als Thomas. Ihre Hilfe nimmt Thomas in der nächsten halben Stunde nur selten in Anspruch. Offen spricht er über seine kriminelle Vergangenheit. Mit 16 machte er zum ersten Mal Bekanntschaft mit einem Jugendrichter. Auch damals saß der Jugendliche wegen Motorraddiebstahl auf der Anklagebank. Auch damals sollten Sozialstunden den Teenager zur Vernunft bringen. Der Unterschied: Vor fünf Jahren fiel das Strafmaß deutlich höher aus - 100 Stunden GZA lautete das Urteil. In drei Prozessen musste sich Thomas seitdem verantworten.
Seine Arbeitskraft stellt er für die nächsten zwei Wochen in den Dienst des gemeinnützigen Vereins „rückenwind“ e.V. Den Einsatzort hat er sich selbst ausgesucht. In der Möbelbörse am Walhornweg heißt es nun Anpacken statt Ausschlafen. Halb acht ist Arbeitsbeginn. „Pünktlich war er “, hält ihm Pohlmann zugute. Das sei keine Selbstverständlichkeit. An Regeln und Grenzen müsse man sich hier erst gewöhnen. „Eigentlich bin ich ein ziemlich zuverlässiger Bengel“, wirft Thomas ein. Aus seinem Lebenslauf kann man das aber nicht schließen: Schule und Lehre hat Thomas geschmissen, obwohl er noch immer Tischler werden will.
„Ich möchte mich ändern “, sagt er und hört sich dabei wild entschlossen an. Der Gang zur Volkshochschule sei da nur der Anfang. Dort holt Thomas derzeit die 10. Klasse nach. Für die Zukunft hat er große Pläne. Sobald er seine Strafe verbüßt hat, möchte sich der Potsdamer einen Nebenjob suchen. „Ich würde auch Putzen gehen“, sagt Thomas, „Hauptsache ich komme nicht auf dumme Gedanken“. Im September will er dann einen zweiten Versuch wagen und eine neue Tischler-Ausbildung beginnen.
Eine Erklärung für sein kriminelles Handeln hat Thomas nicht. Zumindest nicht auf Anhieb. Um Aufmerksamkeit sei es ihm nie gegangen. Von seinen Eltern vernachlässigt gefühlt habe er sich trotz vier Geschwister nicht. „Von ihnen ist keiner auf die schiefe Bahn geraten“, erzählt er. Falscher Umgang sei auch nicht der Grund gewesen. „Leichtsinn“, sagt er nach einigen Sekunden des Zögerns. Die Diebstähle beging Stefan zusammen mit Freunden. Also doch falscher Umgang? „Vielleicht“, räumt er leise ein. Kontakt hat er nur noch zu einem der Mittäter.
Etwa sechs GZA’ler aus Potsdam und Umgebung betreut Rückenwind derzeit. „Wir sind um sinnvolle Beschäftigung bemüht“, sagt Pohlmann. Thomas hilft beim Verputzen einer Fassade des Gebäudes. Die größte Strafe erwartet ihn allerdings noch. Zwei Jahre muss er nun warten, dann erst kann er seinen Führerschein machen. Viel Zeit zum Nachdenken. *Name geändert
Eva Ziebarth
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