Landeshauptstadt: Kritik am Garnisonkirchen-Konzept
Politologe Kleger für Einordnung des Themas „Militärischer Widerstand“ und mehr Potsdam-Bezug
Stand:
Toleranzedikt-Initiator Heinz Kleger kritisiert das Wiederaufbau-Konzept für die Garnisonkirche. Die wiedererrichtete Kirche könne ein „Geschichtslernort par excellence“ sein, sagte der Politologie-Professor am Samstagvormittag auf einer Diskussionsveranstaltung der Linkspartei-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die im Konzept des Fördervereins enthaltene Charakterisierung der Kirche als „Ort des Diskurses“ sei ihm allerdings „zu unverbindlich“. Kleger begrüßte dagegen die vom Förderverein ihm gegenüber signalisierte Absicht, sich mit einer Selbstverpflichtung in die Toleranzedikt-Debatte einzubringen. Heute Nachmittag soll auf einer Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag der Zerstörung der barocken Militärkirche eine Stiftung zur Finanzierung des Wiederaufbaus gegründet werden (PNN berichteten).
Das Aufbauprojekt sei „eine Chance zur Diskussion über das Selbstverständnis der Potsdamer“, erklärte Kleger am Samstag im Bürgerhaus „Sternzeichen“ vor etwa 20 Gästen. Er wies zudem auf das große internationale Interesse hin: „Was hier beim Wiederaufbau der Kirche passiert, wird von außen beobachtet, auch über Deutschland hinaus.“
Für das Wiederaufbau-Konzept des Fördervereins wünsche er sich aber neben der Aufnahme des Asyl-Gedankens auch eine klare Einordnung des Themas „Militärischer Widerstand“: Militärischer Widerstand komme „immer zu spät“, betonte Kleger. Denn wenn sich Einzelne als Märtyrer gegen die herrschende Ordnung stellen müssen, sei die Demokratie bereits ausgehebelt. Die Konzeption für den Wiederaufbau der Kirche sei bislang außerdem „zu wenig spezifisch auf die Potsdamer Stadtgeschichte bezogen“, kritisierte Kleger. An der heutigen Gedenkveranstaltung könne er aus Termingründen nicht teilnehmen.
In die lebhafte Diskussion über das Toleranzedikt mischte sich am Samstag auch Linken-Chef Hans-Jürgen Scharfenberg ein. Er sprach sich erstmals für das von Kleger initiierte Projekt aus. „Die Aktion kann uns voranbringen, wenn sie wirklich intensiv geführt wird", sagte Scharfenberg: „Ich finde das sehr gut, denn es ist vom Ansatz her darauf ausgerichtet, aufeinander zuzugehen.“ Er vermisse bisher jedoch den Willen zum bewussten Dialog bei „den Bürgern der Stadt, die auf der Sonnenseite stehen“.
Darin war sich der Linken-Politiker mit dem Politikwissenschaftler einig. „Potsdam ist eine Spielweise für bestimmte Projektionen von Leuten, die Gelder haben“, sagte Kleger. „Diese Leute sollten präsenter sein in der Stadt, auch in Stadtteilen wie dem Stern“, forderte er: „Sie sollten sich auf die ganze Stadt beziehen.“ Toleranz sei jedoch „nicht nur was für die Reichen“, betonte er. Es handele sich auch nicht um einen „Problemlöser“, sondern um „eine Voraussetzung für Problemlösung“.
Kritik am Toleranzedikt kam vom Potsdamer Journalist Matthias Krauß. Er wehrte sich unter anderem gegen den Preußenbezug des Toleranz-Projektes: Preußen sei „das sklavischste Land Europas“ gewesen. Zudem halte er die Verbindung der beiden Begriffe „Toleranz“ und „Edikt“ für „unglücklich“. Es sei außerdem fraglich, ob die Toleranz das „wichtigste Problem in Potsdam“ sei. Angesichts immer größerer Unterschiede zwischen arm und reich in der Landeshauptstadt halte er die Frage nach Gerechtigkeit für das dringendere Anliegen.
Seite 10
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: