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Landeshauptstadt: Kritik an Pachtvertrag für Tennisclub

Betreibt die Stadt „Vermögensvernichtung“, wenn sie dem TC Rot-Weiß ein Filetgrundstück überlässt?

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Teltower Vorstadt - Der Staatskanzleichef und Hobby-Tennisspieler Clemens Appel steht kurz vor dem Gewinn eines Grand Slams: Spiel, Satz und Sieg könnte es heute Abend für die nächsten 50 Jahre heißen, wenn die Stadtverordneten dem zwischen Stadt und Verein ausgehandelten Pachtvertrag für den Tennisklub Rot- Weiß zustimmen. Sportler und Sportverwaltung freuen sich über die vermeintliche Einigung und damit auf eine neue, 1,3 Millionen Euro teure Tennishalle auf dem Areal hinter der Sporthalle in der Heinrich-Mann-Allee. Einige Stadtverordnete und politische Beobachter sehen in dem langjährigen Pachtvertrag über einen kleinen Teil des Geländes dagegen „ein Geschäft unter Parteifreunden“ und eine Art „Vermögensvernichtung“ in der Landeshauptstadt.

Die Tennisanlage in der Teltower Vorstadt hinter dem Blauhaus ist seit einigen Jahren Streitpunkt der Stadtentwicklung. Während das Nachbargelände des alten Straßenbahndepots vom städtischen Unternehmen Pro Potsdam für Wohnen und Gewerbe entwickelt werden soll, fordern Stadtverordnete verschiedener Fraktionen, die Tennisanlage in das zu entwickelnde Gebiet mit einzubeziehen. Entsprechende Pläne aus früheren Jahren liegen noch vor. Sie sehen zehn neue Tennisplätze samt neuer Drei-Feld-Halle hinter dem Humboldt-Gymnasium vor. Eine Platzverschiebung um einige hundert Meter soll etwa 750 000 Euro kosten. Doch der Tennisverein will nicht umziehen, weder hinter das Gymnasium noch an einen anderen diskutierten Standort – den Luftschiffhafen beispielsweise – in der Stadt.

Durch den jetzt geplanten Pachtvertrag mit dem Club werde kommunales Vermögen verbrannt, hieß es gegenüber den PNN. Denn die benachbarte Entwicklungsfläche des Straßenbahndepots, die der Pro Potsdam gehört, würde weniger wert sein, wenn die Plätze an diesem Standort bleiben: „Wer will neben diesem Ping-Pong wohnen?“ Öffentlich äußern will sich zu dem Thema niemand. Zu groß sei der Einfluss der Vereinsmitglieder, darunter Anwälte, Verwaltungsmitarbeiter und Stadtverordnete.

Grund für den Pachtvertrag sei die gute Jugendarbeit des Vereins, hieß es aus der Verwaltung. Daher müsse er den gleichen Pachtzins bekommen wie andere Vereine auch. Überhaupt sei der Vertrag nötig, um Darlehen der Bank für den Hallenneubau aufnehmen zu können. Der Pachtvertrag sieht vor, nur einen kleinen Teil – etwa ein Zehntel – des Geländes langfristig an den Verein zu binden. Für den großen Rest sollen die gleichen Konditionen gelten wie bisher.

Das gut 30 000 Quadratmeter große Grundstück könnte einen Marktpreis von bis zu vier Millionen Euro erzielen, sagte ein Immobilienmakler den PNN. Der Bodenrichtwert für erschlossene Grundstücke in dieser Lage liege bei 220 Euro. „Wir haben Wohnungsprobleme in der Stadt und verschenken ein Herzstück“, sagte ein Stadtverordneter den PNN. Er vermutet Parteifreundschaften als Hintergrund des Vertrages: Appel, der in Israel weilt und gestern nicht erreichbar war, ist SPD- Mitglied – die Stadtspitze ebenfalls. Seit gut einem Jahr ist Appel Vereinschef des TC Rot-Weiß, einer von einer handvoll SPD-geführten Potsdamer Sportvereine.

Doch selbst bei den Sozialdemokraten hat sich in der Vergangenheit Widerstand gegen die Pachtpläne geregt. Sie selbst waren es, die den Antrag vor der Sommerpause in die Ausschüsse verwiesen haben – zur weiteren Diskussion. Dort sind sie aber noch nicht besprochen worden, dennoch steht der Antrag bisher wieder auf der Tagesordnung der heutigen Stadtverordnetenversammlung.

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