
© A. Klaer
Von Guido Berg: Kritik an Sperrung der Bertinistraße
Architekt Stefan Ludes klagt gegen Durchfahrtsverbot / Streit um historische Anbindung der Villa Jakobs
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Nauener Vorstadt - Die Bertinistraße am Jungfernsee wird 2011 ausgebaut. Im Anschluss daran erfolgt der Ausbau des Bertiniweges. „Dazu wird zunächst im Januar 2011 eine Anhörung der Anlieger erfolgen.“ Das teilte die Stadt Potsdam gestern im Zuge von PNN-Recherchen zur Sperrung der Bertinistraße für Kraftfahrzeuge auf Höhe der Villa Gutmann mit. Anwohner des Areals der Villa Jacobs, Bertinistraße 17, klagen gegen die Sperrung der Straße vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht. Die Sperrung war im März 2009 erfolgt, nachdem ein zur Villa Gutmann gehörender Tunnel unter der Bertinistraße durch schwere Baufahrzeuge Schaden genommen hatte. Offen ist die Straße seither nur für Fußgänger und Radfahrer.
Stefan Ludes, Architekt und Wiedererbauer der Villa Jacobs, kritisiert, für die Bewohner seines Hauses und weiterer Remisenhäuser der Villa Jacobs sei die Erschließung im Winter nicht gesichert. „Wenn da jemand einen Herzinfarkt hat, kommt kein Rettungswagen durch.“ Der Grund: Die Bertinistraße ist gesperrt, die Zufahrt erfolgt über die Fritz-von-der- Lancken-Straße und den Bertiniweg, der „ein Schlaglochweg“ und bei Eis und Schnee nicht mehr befahrbar sei. Müll- und Postfahrzeuge hätten im Winter ihre Leistungen für den abgekoppelten Teil der Bertinistraße eingestellt – mit Verweis auf den Zustand des Bertiniweges. Anwohnerin Marion Boas berichtet, dass die Situation im Sommer nicht automatisch besser sei. Als ein Besucher des Villenareals eine Herzattacke erlitt, sei der Notarzt erst eine halbe Stunde später vor Ort gewesen. Die Anwohnerin: „Die Verwaltung spielt mit Menschenleben.“ Den Vorschlag der Stadt, die Adresse der Villa zu ändern, damit niemand die Bertinistraße entlang fährt, wenn er zur Villa Jacobs will, lehnt Ludes ab. Die Villa Jacobs habe immer die Adresse Bertinistraße 17 gehabt.
Der Stadt zufolge erfolgte die Sperrung aufgrund „akuter Einsturzgefahr des Tunnels“. Die Schachtringe, die eine Durchfahrt verhindern, seien im Auftrag der Stadt aufgestellt worden – nach „illegaler Befahrung mit Schwerlasttransportern“. Durchfahrtverbotsschilder hätten nicht gereicht, die Befahrung zu verhindern.
Der Bebauungsplan sieht indes aus Sicht der Stadt eine dauerhafte Sperrung von Bertinistraße und Bertiniweg für Autos vor. Die Erschließung der Villa Jacobs erfolge durch den 2009 erfolgten Neubau der Fritz-von-der-Lancken-Straße „qualitativ und quantitativ erheblich hochwertiger, als die Erschließung über den Hauptverlauf der Bertinistraße“. Dem widerspricht Architekt Ludes, der B-Plan sehe „keine Sackgasse“ vor; eine Durchfahrtsstraße für die Allgemeinheit könne auch anders verhindert werden als durch eine Vollsperrung für Autos. Zudem argumentiert Ludes, die Villa Jacobs sei „der historisch unstrittige, logische Endpunkt der Bertinistraße“. Ein Bertinistraße-Anwohner, der gegenteiliger Auffassung ist, erklärte jedoch, die Villa Jacobs habe sich historisch zur Nedlitzer Straße ausgerichtet.
Dazu erklärte Dr. Klaus Arlt, in Sachen Straßennamen die Instanz in Potsdam, vor der Erbauung der Villa Jacobs 1835 habe an der Stelle der Villa ein Herr namens Bertini eine Gastwirtschaft betrieben. Die heutige Bezeichnung „Bertinistraße“ sei eine ab 1864 verwendete Verkürzung von „Weinbergweg nach Bertini“. Mit dem heutigen Bertiniweg habe dies nichts zu tun. Arlt erklärte, die Villa Jacobs habe immer die Adresse Bertinistraße gehabt. Der Historiker verweist als objektive Quelle auf das Potsdamer Adressbuch von 1877. Der Eintrag lautet: „Bertinistraße 17, von Jacobs, Stadtältester“. Arlt wörtlich: „Ludes hat recht.“
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