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Landeshauptstadt: Kritik ohne Namen

Das traditionsreiche Ultra Unfug-Fanzine der Fans des SV Babelsberg 03 will größer werden

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Alle zwei Wochen muss Tom Müntzer falten. Rund 500 Hefte haben dann seine Mitstreiter und er vor sich, je nach Ausgabe rund fünf gefaltete A4-Blätter dick. „Das kann ganz schön anstrengend sein“, sagt der 22-Jährige.Doch missen will er diesen regelmäßigen Akt des Falzens und Zusammenklammerns offenbar nicht mehr. Tom ist seit einem Jahr einer der maßgeblichen Schreiber des Ultra-Unfug-Fanzines, dem traditionsreichen Sprachrohr der Ultra-Fans des SV Babelsberg 03, die immer in der Nordkurve des Karl-Liebknecht-Stadions stehen. So finden sich in dem Heft als ein wichtiger Bestandteil stark persönlich geprägte Spielberichte. Für den erwarteten Aufstieg von Babelsberg 03 in die Regionalliga haben sich Tom und das Ultra-Unfug-Team ein Ziel gesetzt: „Das Heft ausbauen und für die höhere Liga tauglich machen“, sagt Tom. Der Plan könnte einen Spagat bedeuten.

Denn das Ultra-Unfug-Magazin versteht sich laut Tom auch als Kritikorgan gegenüber dem Verein, als Verbreiter linksalternativer Politikinhalte und als Kontrolleur von polizeilichem Verhalten. So erschien erst Mitte März ein Artikel über einen angeblich „unglaublich stümperhaften Einsatz der Polizei.“ Dabei ging es um eine Kontrolle von Babelsberg-Anhängern vor dem Babelsberger Fanladen in der Karl-Gruhl-Straße. „Das Ganze endete in Handgreiflichkeiten und Beleidigungen seitens der Polizei“, heißt es in dem Text. Allerdings kommt die beschuldigte Behörde nicht zu Wort, zudem sind die Berichte nicht wie in normalen Zeitungen üblich mit dem Namen des Autors gekennzeichnet. Tom lässt offen, ob sich diese Praxis ändern soll: „Das hat sich so eingebürgert.“ Für viele der ehrenamtlichen Schreiber sei das Fanzine die einzige Möglichkeit sich ohne Angst vor Problemen öffentlich zu ihren Sorgen zu artikulieren, sagt Tom. Wichtig sei: Wenn das Fanzine professioneller gestaltet werde, müsse es dennoch unabhängig vom Verein bleiben: „Diese Kritikfähigkeit muss erhalten bleiben.“ Finanziert wird das Heft nach Toms Angaben mit dem Verkaufspreis von 20 bis 50 Cent pro Ausgabe.

Bis Saisonende soll sich zunächst aber nicht viel ändern. Im nächsten Heft am Wochenende erscheint im Ultra-Unfug zum Beispiel ein Spielbericht, aber auch ein Artikel zur Schlösserstiftung und dem Eintreiben von Bußgeldern im Babelsberger Park. Vorher werden Tom und das restliche Team wieder falten können. HK

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