Landeshauptstadt: Kronprinzenbibel gesucht
Wertvolle Stiftung Friedrichs III. an Kirchgemeinde Eiche ist verschollen
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Die Kirchengemeinde Eiche ist auf der Suche nach ihrer verloren gegangenen Kronprinzenbibel. Sie war ihr 1883, nach dem Umbau der Kirche und der Vergrößerung um einen Anbau, vom Thronfolger und späteren Kaiser Friedrich III. geschenkt worden. Dabei handelte es sich nicht um eine dickleibige Prachtausgabe, sondern um eine eher schlichte Altarbibel, wie sie für Gottesdienste verwendet wird. Dennoch war sie von hohem Wert für die Kirchengemeinde, denn sie enthält eine Widmung des Kronprinzen, die auch die Unterschriften seiner Gemahlin, der populären englischen Prinzessin Victoria („Vicky“), und der gemeinsamen Kinder trug, darunter des späteren Kaisers Wilhelm II.
Wann und wie die Bibel aus der Kirche verschwunden und wo sie geblieben ist, darüber kann Eberhard Kapuste, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, nur Vermutungen anstellen. „Wurde sie ausgeliehen und aus Unachtsamkeit nicht zurückgeben?“, fragt er. „Ist sie verpackt worden und niemand erinnert sich, wo sie anschließend hinkam? Wurde sie einer anderen Kirchengemeinde zugeordnet? Hat sie jemand in Obhut genommen? Alles ist möglich, nur sicherlich kein böser Wille.“ Kapuste erinnert daran, dass die Gemeinde Eiche nicht eigenständig, sondern Bornstedt zugeordnet war. Dort befinde sich die Bibel aber nicht, habe seine Anfrage ergeben. Negativ fielen auch die Antworten der anderen Gemeinden der Potsdamer Nordkirche aus. Kapuste erinnert weiter daran, dass die Kirche in Eiche in den 1990er Jahren ein „Wellental“ durchschritten habe. Die Zahl der alten treuen Mitglieder aus der DDR-Zeit sank, der Zuzug neuer Einwohner evangelischen Glaubens setzte gerade erst ein.
Erst dann wurde man sich wieder der Tradition kirchlichen Lebens bewusst, zu denen auch die Schenkungen des Kronprinzen gehören, der in Eiche Patronatsherr war. Dazu zählt ein Altarbild, eine verkleinerte Wiedergabe von Leonardo da Vincis „Abendmahl“. Die Pfeifen der neuen Orgel wurden auf Wunsch Victorias mit „englischen Farben“ bemalt. In einem Schrank wieder aufgefunden wurde ein kleines Holzkreuz vom Ölberg in Jerusalem. Es war vom Kronprinzen 1869 von seiner Orientreise zur Eröffnung des Suezkanals mitgebracht und der Gemeinde übereignet worden. Dagegen blieb die Suche nach der Bibel bisher ergebnislos. Der letzte schriftliche Nachweis ihrer Existenz liegt schon bald 40 Jahre zurück. Wie der damalige Kirchenälteste Behrendt in einem Bericht bezeugt, wurde die Kronprinzenbibel 1971 in einer Ausstellung zum 200-jährigen Bestehen der unter König Friedrich II. errichteten Dorfkirche gezeigt. Behrendt merkte an, dass es „nicht die Bibel von Bornstedt“ sei. Nach dem Wort aus dem Lukas-Evangelium „Suchet, so werdet ihr finden“ hofft Kapuste jedoch nach wie vor auf einen Erfolg seiner Recherchen. Dazu erbittet er Hinweise unter Tel. 0331/5051179.
Auch ein anderes altes Relikt kirchlicher Tradition soll erforscht werden. In der Kirche wird eine uralte, aus dem 15. Jahrhundert stammende Bronzeglocke aufbewahrt. Wie sie hierher kam, ist noch ungewiss. Auf der Glocke sind eingestanzte Siegel zu sehen, die auf eine Verbindung zu einem mittelalterlichen Pilgerweg hindeuten. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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