Landeshauptstadt: Küche – Grotte – Eremitage
Entdeckung der Langsamkeit: Seltene Parkführung am Freitag im Neuen Garten
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Einen Blick in die verschlossene und zugemauerte Grotte am Jungfernsee ermöglicht die Schlösserstiftung bei einer Führung am kommenden Freitag im Neuen Garten. Treffpunkt ist um 19 Uhr am Schloss Cecilienhof. „Wir wollen zeigen, dass es schon vor dem Bau des Schlosses Cecilienhof hier einen Park gab“, sagte Fachbereichsleiter Sven Kerschek gestern vor Ort. An der Stelle des Cecilienhofes befand sich im 18. Jahrhundert ein Eichenwald mit Fasanerie und einem „dunklen Garten“ in der Umgebung.
Die Grotte in der Nähe des Schlosses Cecilienhof bezeichnet Kerschek als „schönstes Bauwerk im Neuen Garten“. Was kaum einer ahnt: In dem aus großen Steinbrocken gemauerten Gebäude befinden sich drei große Säle, die der spiritistisch veranlagte preußische König Friedrich Wilhelm II. (1744-1797) unter anderem als Ort der Meditation nutzte. Die einstige Pracht der mit edlen Steinen und Muscheln gestalteten Räume ist trotz jahrzehntelangem Vandalismus immer noch erkennbar. Wenn Kerschek die Decke des mittleren Saales mit einem Scheinwerfer anstrahlt, sind Reste eines Deckengemäldes zu sehen. „Die Decke war eingestürzt und dadurch gingen große Teile des Gemäldes verloren. Auf dem Fußboden türmen sich Behälter mit Bruchstücken der Wandgestaltung. „Wenn wir mal Geld haben...“, so Kerschek zögernd zur Wiederherstellung der Grotte.
Wenigstens im Rohbau fertig gestellt ist die Borkenküche in unmittelbarer Nähe des Schlosses Cecilienhof. Unter der Bauleitung der Potsdamer Firma Roland Schulze Baudenkmalpflege und mit Spendenmitteln des Rotary-Clubs ist das schilfgedeckte Bauwerk mit seinem eigenartigen gusseisernen Schornstein wieder hergestellt worden. Nur die Eichen-Borke, welche das Küchengebäude vollkommen in die Umgebung einpasst, fehlt noch.
In der Borkenküche bereiteten die königlichen Köche die Speisen zu, welche sie anschließend in die aufgetafelte Grotte trugen. Höchstens dreimal habe Friedrich Wilhelm II., der von 1786 bis 1797 residierte, hier im spiritistischen Kreise getafelt, vermutet Kerschek.
Von der Grotte aus führt die Exkursion über einen dunklen Weg zur Eremitage, einem nach historischem Vorbild errichteten Holzhaus an der nördlichen Spitze des Neuen Gartens. Hier wie auch an der Borkenküche und der Grotte hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Informationstafeln mit ausführlichen Erläuterungen und historischen Dokumenten aufgestellt. An der Eremitage, also einem Ort für jemanden, der die Einsamkeit sucht, ist dargestellt, dass das Innere einst schlossartig mit Skulpturen und kostbaren Wandgestaltungen ausgestattet war. Eine Wiederherstellung liege laut Kerschek im Bereich des finanziell Unmöglichen, obwohl viele Originalteile eingelagert sind. „ Für mich ist es eine schöne Landmarke“, sagt der Gartendenkmalpfleger.
Die Führung durch den weithin unbekannten nördlichen Parkteil findet im Rahmen der Reihe „Entdeckung der Langsamkeit“ statt. Es ist die letzte Veranstaltung dieser Art in der Saison. Neben Sven Kerschek führt Gert Schurig, Kustos für Gartendenkmalpflege, durch das sagenumwobene Parkdickicht. Günter Schenke
Günter Schenke
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