Landeshauptstadt: Küchengang unter Druck
Teil der unterirdischen Verbindung zwischen Communs und Neuem Palais wird neu „ausgesteift“
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Teil der unterirdischen Verbindung zwischen Communs und Neuem Palais wird neu „ausgesteift“ Über mehr als ein Jahrhundert gelangten die Speisen für Preußens Könige und ihre Gäste auf beschwerlichem Weg ins Neue Palais. Von der Küche in den südlichen Communs trugen die Diener Wärmeglocken fast 200 Meter weit über den Mopke genannten Platz. Damals wurde der größte Schlossbau Friedrichs II. vornehmlich im Sommer genutzt. Erst Kaiser Wilhelm II., der das Palais intensiver und zum Regieren nutzte, änderte 1896 den Transportweg. Er ließ ihn unter die Erde verlegen. Der 185 Meter lange Küchengang wird den staunenden Besuchern bei den Spezialführungen durch die Unterwelt des Neuen Palais gezeigt, die neuerdings von der Schlösserstiftung angeboten werden. Aus der Großen Küche, der Bratküche, der Kaffeeküche, dem Kühlraum, der Bäckerei und der Konditorei in den Communs rollten die Köstlichkeiten nun auf gummibereiften Wagen unterirdisch ins Palais. Einige Spuren deuten auf Gleise hin. Dass hier eine kleine „Essenbahn“ verkehrte, wird von der Stiftung dennoch ins Reich der Fabel verwiesen. Durch den Küchengang erreichten die Speisen die weitläufigen Palaiskeller, in die inzwischen eine damals moderne Niederdruckheizung mit 14 imposanten Dampfkesseln eingebaut worden war. Hier befand sich auch ein Anrichteraum mit Wärmeschränken. Er erlaubte vor allem bei Festlichkeiten, wo Hunderte Mäuler zu stopfen waren, ein nochmaliges Aufbereiten der Speisen. Sie wurden anschließend von den Bediensteten nicht etwa über die Haupttreppen, sondern durch fensterlose Nebentreppenhäuser nach oben getragen. So faszinierend der Küchengang erscheinen mag, für die Stiftung ist er ein Problemfall. Obwohl mit Decke und Wänden aus solidem Stahlbeton ausgestattet, doch auch der korrodiert ja mal, hält er auf Dauer den Druck über die Mopke rollender Busse oder gar Schwerlaster nicht aus. Deshalb wurde beispielsweise für die Sanierung der Kolonnaden eigens eine Baustellenzufahrt von Norden angelegt, wofür die Überbauung eines historischen Brückleins über den einstigen Palaisgraben notwendig war. Dass der Gang von oben eingedrückt wird und ein Fahrzeug im Palaiskeller landet, ist nicht zu befürchten, stellt Stiftungsbaudirektor Dr. Alfons Schmidt klar. Das Problem ergibt sich vielmehr aus dem Seitendruck des durch Fahrzeuge verdichteten Bodens auf die Tunnelwände. Davon sind allerdings nur 30 Gangmeter betroffen. Die Stiftung hat die Planungen für eine neue Aussteifung dieser Strecke in Auftrag gegeben. Dafür werden Nadelholzbalken verwendet. Die Arbeiten sollen nach der diesjährigen Saison erledigt werden. Sie kosten allenfalls 5000 Euro, haben also keinen großen Umfang. Wichtig sind sie dennoch, denn auf den Küchengang kommen zunehmende oberirdische Belastungen zu. Die Stiftung will mit Fertigstellung der Kolonnaden zwischen den Communs die Mopke als großen, einmalig schönen Festplatz präsentieren, wie sie es früher als Ort für Staatsempfänge, Paraden oder das populäre Schrippenfest schon einmal war. Als Zeitpunkt der Fertigstellung favorisiert sie 2012, wenn sich der Geburtstag Friedrichs des Großen zum 300. Mal jährt. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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