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Aus dem GERICHTSSAAL: Küchenschaben im Flur?

Gericht ahndete böse Äußerung mit 600 Euro Buße

Stand:

In ihrem eigenen Prozess wegen übler Nachrede zeigt sich Karin K.* (42) einsichtig. „Tut mir leid“, erklärt die Arbeitslose. „Aber der Wortlaut war etwas anders. Ich habe mich mit meiner Freundin an diesem Tag rein zufällig über Küchenschaben unterhalten.“

Laut Anklage soll Karin K. am 8. November 2005 im Zeugenwarteraum des Landgerichts für alle Anwesenden laut und vernehmlich geäußert haben: „Bei uns im Aufgang wird der Dreck nur von einer Ecke in die andere geschoben. Da rennen schon die Küchenschaben herum.“ Sie soll mit diesem Spruch beabsichtigt haben, dass die Hausmeisterin, zu deren Aufgaben auch das Putzen des Treppenflurs des Mietshauses gehörte, in dem die Angeklagte wohnt, an die Luft gesetzt wird.

„Ich wollte die Hausmeisterin nicht schädigen“, beteuert Karin K. Sie habe das Thema Küchenschaben wirklich nur allgemein angeschnitten. Das Ende vom Lied war allerdings, dass die Hausverwaltung der Frau kündigte, wenn auch unter der Maßgabe der Umstrukturierung.

„Man unterhält sich doch im Gericht nicht einfach so über Schaben. Ich bin wegen dieser Äußerung entlassen worden“, ist sich Anneliese A. (60) im Zeugenstand sicher. Die Angeklagte habe mit der Hausverwaltung schon im Vorfeld des besagten Vorfalls darüber gesprochen, dass sie sie gern loswerden möchte. Obwohl sich 88 Mietparteien per Unterschrift mit ihr solidarisch gezeigt hätten, habe ihre Chefin gesagt, sie werde sie entlassen, damit endlich Ruhe im Haus einkehre,so Anneliese A. „Dabei hätte ich auch über mein 60. Lebensjahr hinaus dort als Hausmeisterin tätig sein können.“

„Es gab also schon lange vorher Unruhe in dem Haus? Der Ausspruch der Angeklagten, die damals als Zeugin im Warteraum des Landgerichts weilte, brachte das Fass dann zum Überlaufen“, mutmaßt die Vorsitzende. Die Ex-Hausmeisterin bestätigt dies, erzählt dann erregt, wie sich die Kündigung auf ihren Gesundheitszustand auswirkte. „Ich war sechs Wochen lang krankgeschrieben, war vier Wochen zur Kur.“ Karin K. – so ihre Forderung – solle ihr Schmerzensgeld zahlen. Darüber solle das Gericht im Rahmen eines so genannten Adhäsionsverfahrens gleich mitentscheiden.

Die Vorsitzende lehnt dies ab. „Sie können Ihren Anspruch natürlich zivilrechtlich geltend machen“, gibt sie Anneliese A. mit auf den Weg. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft regt an, das Verfahren gegen Karin K. einzustellen. Sie sei einsichtig und nicht vorbestraft. Allerdings sei ein finanzieller Denkzettel vonnöten. Das sieht das Gericht ebenso. Die verhängte Geldbuße von 600 Euro kommt der Landesjustizkasse zugute. (*Namen geändert.) Hoga

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