zum Hauptinhalt
Der Duft der Heimat. Der achtjährige Benjamin half seiner Mutter Parwana Mohseni beim Kochen afghanischer Speisen im Friedrich-Reinsch-Haus.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Kulinarische Weltreise

In der Reihe „Wissen und Genießen“ stellen Migranten ihre Länder und Nationalspeisen vor

Von Eva Schmid

Stand:

Im Milanhorst duftet es nach Safran, Knoblauch, Kurkuma und Zimt. Seit drei Stunden steht die 28-jährige Parwana Mohseni in der Küche. Sie rührt den Inhalt der sechs Töpfe um und schmeckt immer wieder ab. Aufgeregt sucht sie in den Schubladen nach dem passenden Küchengeschirr – sie ist nicht in ihrer eigenen Küche, sondern kocht für 30 Personen, die gestern im Schlaatzer Friedrich-Reinsch-Haus mehr über ihre Heimat Afghanistan erfahren wollten.

Auf dem Menü steht die Vorspeise Chello, eine Art Reistorte mit knuspriger brauner Kruste. Als Hauptspeise gibt es Morgh – Hähnchenschenkel in Zimt-Safransoße sowie ein Gericht mit Rind und Kichererbsen. Das Dessert erinnert an Kartoffelpuffer, doch hat mit diesen wenig zu tun. Hauptbestandteil sind zwar auch Kartoffeln, sie werden jedoch mit Öl, Honig und Rosenwasser verfeinert. Auf die Frage, ob man alle die Zutaten auch in Potsdam kaufen könne, meint Parwana Mohseni stolz: „Den Safran hab ich aus Afghanistan mitgebracht.“ Eine ältere russische Dame, die ihr beim Kochen hilft, ruft dazwischen: „Das gibt es alles hier im Schlaatz, in einem kleinen Orient-Supermarkt.“

Kurz bevor es offiziell losgeht, wirkt die junge Frau, auch wenn sie es nicht zugibt, aufgeregt. Sie wird nicht nur ihre Landesspeisen auftischen, sondern auch ihr Land vorstellen. Und das auf Deutsch, das sie seit weniger als drei Monaten spricht. Im vergangenen November ist die zierliche Frau mit ihrem achtjährigen Sohn Benjamin nach Potsdam gekommen. Sie ist aus Aufghanistan geflüchtet und vorerst in der Flüchtlingswohnung für Frauen und Kinder in der Hegelallee untergekommen. Kurz bevor das Essen aufgetischt wird, geht sie in der Küche nochmals ihre Karteikarten durch, von denen sie ablesen wird. Irgendwann wird es ihr zu kompliziert. Sie schüttelt den Kopf, hebt den Daumen nach oben und grinst: „Ich sag einfach Guten Appetit.“

Das afghanische Essen war am Donnerstag der Auftakt der Reihe „Wissen und Genießen“, die der Verein Soziale Stadt im Friedrich-Reinsch-Haus einmal im Monat bis Ende des Jahres organisieren will. „Das ist ein Riesenschritt und ein Vertrauensbeweis von Parwana an die Potsdamer“, sagt Gabriele Röder, Geschäftsführerin des Vereins Soziale Stadt. Die Afghanin habe zwar schlimme Erfahrungen während ihrer Flucht gemacht, aber würde trotzdem nun allen ihren Mut zusammennehmen, um hier gute Beziehungen aufzubauen.

„Über Essen findet man zusammen – das ist doch eine gute Möglichkeit der Integration“, sagt Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos), die zur Auftaktveranstaltung im Schlaatz gekommen ist. „Migranten müssen in Deutschland viel lernen – heute lernen wir mal etwas von ihnen“, sagt sie. Auch wenn Parwana Mohseni die Powerpoint–Präsentation selbst gestaltet hat, fällt es ihr vor Aufregung doch etwas schwer, die vielen Folien den Gästen vorzustellen. Die Länderkunde übernimmt daher kurzerhand die Sozialbeigeordnete für sie.

Die Idee zu der Reihe hatte Geschäftsführerin Röder, als im Verein eine Praktikantin aus Sri Lanka arbeitete. „Sie wollte uns etwas Landestypisches präsentieren und da kamen wir auf die Verbindung von Wissenswertem über das Land und natürlich den Kostproben der einheimischen Küche.“ Da der Verein seit Oktober 2012 Träger der Frauenflüchtlingswohnung ist, war für Röder klar, dass die Migrantinnen am besten durch ein gemeinsames Essen mit den Potsdamern zusammengebracht werden könnten.

„Wir haben so viel Zuspruch bekommen, dass das ganze Jahresprogramm schon steht“, erzählt Ralf Lang, der sich um die Veranstaltungen im Friedrich-Reinsch-Haus kümmert. Vier Abende werden von den Frauen aus der Flüchtlingswohnung in der Hegelallee organisiert. Die Leiterin der Unterkunft, Hala Kindelberger, wird ihr Heimatland Ägypten präsentieren. Besitzer eines indischen Restaurants in Babelsberg werden gleich zwei Länder übernehmen: Pakistan und Indien. Die kulinarische Weltreise geht am 7. März mit dem Iran weiter, danach folgen pro Monat die Länder Irak, Tschetschenien, Vietnam, Pakistan, Indien und weitere.

Mehr Informationen unter www.milanhorst-potsdam.de.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })