
© M. Thomas
Von Jan Brunzlow: Kultur soll Drewitz-Image polieren
Konzept zur Stadtteilschule sieht einen Anbau für Projekte vor – diesen aber lehnt die Verwaltung ab
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Drewitz - Die Pläne für den Ausbau der Priesterweg-Grundschule zu einem Stadtteilzentrum werden immer präziser. Inzwischen hat die Kammerakademie Potsdam gemeinsam mit dem Nikolaisaal ihr Interesse erklärt, ein Musik- und Theaterlabor für Projekte zwischen Musikern sowie Schülern und Bewohnern aus dem Stadtteil aufzubauen. Zudem sei die Errichtung einer Lehrküche sowie ein Stützpunkt der Verwaltung für Beratungen geplant. Mitarbeiter verschiedener sozialer Träger im Sozialraum warnten gestern allerdings vor dem Scheitern des Projektes. Der Stadtteil sei ein sozialer Brennpunkt und brauche als Hilfe das Projekt Stadtteilschule. Hintergrund der Befürchtungen: Die Stadt will in den nächsten Wochen mit der Sanierung des bestehenden Schulgebäudes beginnen und auf eine für das Konzept Stadtteilschule nötige Erweiterung verzichten. Damit droht das für Potsdam einmalige Vorhaben zu scheitern.
Am Montag soll es nach PNN-Informationen ein internes Gespräch zwischen Verwaltung und Projektträgern gegeben haben, in dem Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) allein die Sanierung der Schule in Aussicht gestellt hat. Gegenüber PNN hieß es: „Die Stadt versucht den schleichenden Ausstieg aus dem Projekt.“ Jakobs widersprach gestern den Befürchtungen. Er erklärte auf Nachfrage, die Stadt werde 1,8 Millionen Euro Fördermittel aus dem Programm Soziale Stadt erhalten. Eine Erweiterung der Schule müsse geprüft werden. Man müsse aber aufpassen, dass „wir den Bogen finanziell nicht überspannen“, so Jakobs.
Das Konzept der Stadtverwaltung für das Projekt schließt jedoch den Aufbau der Stadtteilschule ohne Neubau aus. In dem Konzept von Verena Kosubeck und Kathleen Walter heißt es: Auf dem Weg zur Stadtteilschule sollte sofort ein „Offener Treffpunkt“ für die Stadtteilarbeit eingerichtet werden und eine Erweiterung der Priesterweg-Schule erfolgen. Wenn das nicht passiert, entfalte das Projekt nicht die gewünschte Wirkung.
Frauke Roth von der Kammerakademie erklärte gestern, es gehe dem Orchester nicht um einen neuen Saal. Es gebe in der Stadt genug Möglichkeiten für Auftritte. Es gehe vielmehr um pädagogische Arbeit in einem sozialen Brennpunkt, an der sich das Kammerorchester und der Nikolaisaal gerne beteiligen würden. Jedoch könne das Projekt nur realisiert werden, „wenn es auch alle wollen“.
Drewitz gilt inzwischen als Problembezirk Nummer Eins in der Landeshauptstadt: Zwar ist er mit der Bevölkerungsstruktur ein junger Stadtteil, doch ist der Anteil von Arbeitslosigkeit, Menschen ohne Haupt- oder Realschulabschluss sowie Alleinerziehenden deutlicher höher als in allen anderen Teilen der Stadt. Auch an Geld mangelt es: Das monatliche Nettoeinkommen liegt bei etwa 600 Euro pro Person, während der Potsdamer Durchschnitt 730 Euro beträgt.
Das mache auch in der Besucherstruktur der Konzerte deutlich, sagte die Kammerakademie-Geschäftsführerin. Es gebe in Potsdam „Parallelgesellschaften bei der Teilhabe an Kultur“, so Frauke Roth. Um dies zu ändern, gebe es zwei Ansätze. Den ersten, die finanzielle Förderung, um allen den Besuch zu ermöglichen, hält sie für überholt. Inzwischen sei es üblich, den Menschen auf „Augenhöhe zu begegnen“ und in den Stadtteil zu gehen. An Brennpunkte mit einem Spitzenorchester Sozial- und Bildungsarbeit zu leisten, sei der zweite und laut Roth sinnvollere Weg. Dafür gäbe es genug Beispiele in Deutschland – so seien die deutschen Kammerphilhamoniker Bremen in die Räume einer Gesamtschule gezogen. Dort arbeiten Musiker und Schule professionell mit- und nebeneinander. Roth sagte dazu, „mal sehen wer den Mut und die Möglichkeiten hat, so ein Konzept in Potsdam umzusetzen“. Die Zeit sei knapp. Drewitz bräuchte ein solches Projekt in der Stadtteilschule.
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