Landeshauptstadt: Kunst statt Kondome
Erster Kunstautomat Deutschlands wird im Holländischen Viertel angebracht
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Innenstadt - So mancher wird enttäuscht sein: Keine Kondome. Bei anderen dagegen hüpft das Herz: Ein Euro für ein Gedicht. Die Idee, Kondomautomaten zu Kunstautomaten umzubauen, stammt von Lars Kaiser. Der Leiter der Agentur Kunsttick trägt sich seit Jahren mit dem Gedanken herum, Ende März werden nun endlich die ersten vier Automaten in der Stadt aufgestellt: Zuerst an der Szenekneipe La Leander im Holländischen Viertel, kurz danach am Varieté Walhalla, in der Friedrich-Ebert-Straße und in der Stadt-und Landesbibliothek. Weitere geplante Standorte: Hans Otto Theater, Nikolaisaal, Stern-Center, Wilhelmgalerie, Stadthaus, Bahnhofspassagen, Grünes Gitter.
Kunst aus dem Automaten, maßgerecht verpackt und einzigartig – damit ist Potsdam die erste Stadt, in der so etwas möglich ist, weiß Kaiser. Momentan werden die Automaten auf ihre Mechanik hin überprüft. „Viele waren völlig defekt und besaßen noch DM-Schlitze“, so Kaiser. Durch Einwurf von ein, zwei oder drei Euro können Kunstüberraschungen in Form von Zeichnungen, Grafiken, Drucken, Gedichten, kurzen Erzählungen und kleinen Plastiken gezogen werden. Inklusive kurzer Randinformationen zum jeweiligen Künstler. Die Karton sind fünf Zentimeter lang, vier breit und zwei Zentimeter hoch. Maler von Kunsttick, Autoren des Literatur-Kollegium Brandenburg und Studenten der Fachhochschule Potsdam, Abteilung Design, bestücken die Kunstautomaten. Die Gespräche dazu sind noch nicht ganz abgeschlossen.
Kaiser schätzt an der Automaten-Kunst besonders Preis und Regionalität: „Ich bekomme für einen geringen finanziellen Einsatz Literatur, nehme brandenburgische Autoren wahr und muss nicht im Buchladen auf gut Glück einen teuren Wälzer erwerben.“
Entsprechend ihrer Umgebung werden die Kunstautomaten gestaltet. So erstrahlt der Automat am La Leander im Holländischen Viertel in roter Backstein-Optik, der Automat am Walhalla im Jugendstil. „Es wird keinen rosa Kasten an einem denkmalgeschützten Haus geben“, verspricht Kaiser. Und er benennt auch gleich den Vorteil gegenüber Einkaufsläden: „Der Automat hat 24 Stunden geöffnet.“ So können Eilige schnell ein kleines Mitbringsel zum Geburtstag oder für die Freundin eine Überraschung erwerben. Oder Touristen können beim Spaziergang durch die Stadt einfach ein Gedicht ziehen. Besondere Aktionen hat Initiator Lars Kaiser bereits im Kopf. So könnten im Sommer Liebesgedichte zusammen mit Kondomen gezogen werden. Die Aids-Stiftung sponserte jedenfalls schon einmal 1000 Kondome.
Über den Umsatz vermag Kaiser aufgrund fehlender Vergleichsmöglichkeiten nur zu spekulieren. „Ich rechne mit keinem Gewinn“, gibt sich der 30-Jährige verhalten. Die Einnahmen gehen zu gleichen Teilen an die Agentur Kunsttick und die beteiligten Künstler.
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