
© M. Thomas
Homepage: Lächeln nicht vergessen
Sprechübungen für den perfekten Vortrag: Sogenannte Soft Skills gehören für Informatik-Studierende am Hasso-Plattner-Institut dazu
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„Ham sandwich, ham sandwich, ham“ klingt es mal laut, mal leise, mal euphorisch und mal mitfühlend im Hörsaal des Hasso-Plattner-Instituts (HPI). Kommunikationscoach Mark Edwards beobachtet zufrieden sein Auditorium. Rund 200 Studierende der Informatik sind zu seinem Vortrag über „Successful Presenting in English to International Audiences“ gekommen. Mit ihren Sitznachbarn probieren sie aus, was Sprachmelodie, Lautstärke und Sprechtempo völlig unabhängig vom Inhalt des Gesagten bewirken können. „Die Glaubwürdigkeit eines Referenten hängt hauptsächlich von seiner Körpersprache, seinem Gesichtsausdruck und seinem Tonfall ab“, sagt Edwards. Ob ein Vortrag gut ankomme oder nicht, sei nur zu sieben Prozent seinem Inhalt zu verdanken. Das sitzt. Gebannt lauschen die Studierenden seinen Ausführungen.
Edwards verspricht ihnen, in 90 Minuten möglichst viel von dem zu vermitteln, was er in 25 Jahren Berufsleben gelernt hat. Der gebürtige Londoner und gelernte Grafikdesigner kann auf viele Jahre Berufspraxis in den Marketing-Abteilungen großer Konzerne zurückblicken. In seinem Vortrag wendet er geschickt all das an, was er seinen Zuhörern beibringen will. Die Verbindung zwischen Zuhörern und Referenten dürfe nicht abbrechen. Edwards macht es vor und probiert mit seinen Zuhörern Sprechübungen für Schauspieler aus: „Puddle Body, Pedal Baddy, Poodle Bitty, Battle Putty, Bottle Pity“ Er hält sich nicht am Rednerpult fest, sondern nimmt durch Auf- und Abgehen den gesamten Raum ein, variiert gekonnt Sprechtempo und Stimmlage. Als er unvermutet eine längere Pause macht, merken alle auf. Edwards lächelt und sagt: „Manchmal ist es am beeindruckendsten, einfach nichts zu sagen.“
Um Fettnäpfchen zu vermeiden, rät er, sich vorab über Alter, Geschlecht, Religion und die kulturellen Normen der Zuhörer zu informieren. Witze oder politische Anspielungen könnten gar nicht oder falsch verstanden werden. Auch bei Gesten sei Vorsicht geboten. Daumen hoch, in vielen Ländern ein positiv besetztes Zeichen, werde zum Beispiel im Mittleren Osten als obszöne Geste verstanden. Während es vor einem US-amerikanischen oder britischen Publikum gut ankomme, Selbstbewusstsein und Begeisterung zu zeigen, sei in Japan und dem Mittleren Osten ein eher zurückhaltendes und bescheidenes Auftreten angebracht. Die Kleidung sollte seriös sein, man müsse sich aber auch darin wohlfühlen.
„Das sind Tipps, die wirklich jeder nötig hat“, sagt Studienanfängerin Juliane Waack. Auch Jan und Alexander, drittes Semester Informatik, sind von Edwards Vortrag angetan: „Er ist ein authentischer Redner, der seine Tipps sofort umsetzt.“ Für die Bachelor- und Masterabsolventen des HPI sind die sogenannten weichen Eigenschaften fester Bestandteil ihres Studiums. Die offizielle Begründung: „In Unternehmen und Institutionen sind Informatiker die Schnittstelle zwischen Kunde, Technik und Vertrieb. Sie brauchen neben ausgezeichneten fachlichen Kenntnissen wie Analyse, Planung und Konstruktion komplexer Soft- und Hardware sowie vernetzter IT-Systeme auch überzeugende kommunikative Fähigkeiten.“
Das schließt auch die nonverbale Kommunikation ein. Gern erinnert sich Jan an einen Vortrag zum Thema Körpersprache: In „Richtig Gehen“ habe man praktische Übungen gemacht, die Studenten sind gekrochen und gelaufen. „Das war schon sehr speziell, aber gut.“ Ein anderer Student erinnert sich an „Flirten für Informatiker“ mit dem Komiker Mario Barth: „Das war lustig, hat aber nicht so viel gebracht.“ Zurück zum perfekten Vortrag: Edwards rät, ein Skript zu schreiben und dieses gut zu lernen. Nur dann sei es möglich, sich von den Papieren zu lösen, den wichtigen Blickkontakt mit dem Auditorium aufzunehmen und auf Körpersprache und Stimme zu achten.
Etwas Nervosität gehöre dazu, so Edwards. Problematisch werde es erst, wenn man die Nervosität zu ernst nehme. „Praxis, Praxis, Praxis“ wirke dem am besten entgegen. Auch das Atmen sei äußerst wichtig. Ob vor Freunden, der Familie, einem Spiegel oder Camcorder, je öfter man seinen Vortrag übe, desto besser. Hilfreich sei auch die „positive visualisation“. Wer sich begeisterte Zuhörer vorstelle, stolze Eltern oder Professoren, komme automatisch besser beim Publikum an.
Das Problem der meisten Referenten sei, dass sie zu viel sagen wollten. Es reiche aus, sich drei Botschaften zu überlegen, die das Publikum behalten soll. Eine seiner Kernbotschaften lautet deshalb „Kiss“: „Keep it super-simple.“ Das klinge einfach, sei aber schwer. „Wenn du etwas nicht in einfachen Worten ausdrücken kannst, hast du es nicht gut genug verstanden“, zitiert Edwards Albert Einstein. Ein Tipp zum Schluss: „Beenden Sie den Vortrag mit einem Lächeln“, sagt Edwards. Und lächelt. Maren Herbst
Die Vorträge sind öffentlich. Weitere Themen: Chancen von Social Entrepreneurship (18.11.), die Bedeutung des eigenen Auftretens (2.12.) sowie Stress- und Selbstmanagement im Studien- und Berufsalltag (16.12.); jeweils um 17.00 Uhr im Hörsaal 1, Prof.-Dr.-Helmert-Str. 2-3
Maren Herbst
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