Aus dem GERICHTSSAAL: Lackkratzer doppelt berechnet
Arbeitslose wollte Versicherung betrügen/Geldstrafe
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Aus dem GERICHTSSAALArbeitslose wollte Versicherung betrügen/Geldstrafe Emsig drängt sich Edgar E. neben seine Lebensgefährtin auf die Anklagebank. Amtsrichter Francois Eckardt scheint verwirrt und verweist den Rentner in den Zuhörerbereich. „Aber ich bin an allem schuld!“, beteuert der 75-Jährige. „Ich habe das Schreiben an die Versicherung aufgesetzt.“ Doch Inge K. (52) hat die eindeutig falsche Schadensmeldung im Sommer 2000 unterschrieben. Somit habe sie billigend in Kauf genommen, dass die Versicherung über alte, längst regulierte Schäden getäuscht wurde, die mit neu entstandenen Schrammen geltend gemacht werden sollten, moniert der Staatsanwalt. Die Versicherung roch allerdings den Braten, schaltete einen Experten ein. Der stellte zweifelsfrei fest: Drei Lackkratzer waren älteren Datums. Lediglich zwei kleine Dellen sind an dem Mercedes Benz neu hinzugekommen. „Ich habe mir das Auto längere Zeit nicht so genau angeschaut“, wiegelt die arbeitslose Bürokauffrau ab. Der Wagen sei zwar auf ihren Namen zugelassen, aber er werde ausschließlich von ihrem Mann gefahren. Der habe ihr auch von dem Vandalismus in der Tiefgarage erzählt, dem das Auto nicht zum ersten Mal zum Opfer gefallen sei. „Ich bin davon ausgegangen, dass der Versicherung die Vorschäden bekannt sind“, erklärt die wegen versuchten Versicherungsbetruges Angeklagte. Nein, stutzig geworden sie nicht, als ihr Partner die alten Kratzer noch einmal detailliert auflistete. „Ich dachte, das wird schon alles seine Ordnung haben“, versichert die Mutter dreier erwachsener Kinder. Deshalb habe sie die Schadensmeldung guten Gewissens unterzeichnet. Das Gericht schaltete einen unabhängigen Gutachter ein. Der verglich die erste Expertise mit der zweiten. Dann kam er zu dem Ergebnis: Ein Großteil der Schäden ist identisch. Nachdem die Versicherung im ersten Fall rund 2000 Euro zahlte, sei keine Reparatur erfolgt. Für das Gericht liegt somit der Schluss nahe, dass das Pärchen doppelt kassieren wollte. „Sie haben Schadenersatz geltend gemacht, der Ihnen eindeutig nicht zustand“, bringt es der Vorsitzende auf den Punkt. Fast wie in einer Fernsehshow meldet sich der Pensionär nun aus dem Zuschauerraum. „Wir haben mit solchen Sachen keine Erfahrung. Absicht war es jedenfalls nicht.“ Amtsrichter Eckardt glaubt dem Paar kein Wort und verurteilt die bislang unbescholtene Inge K. zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro. Gabriele Hohenstein
Gabriele Hohenstein
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