Aus dem GERICHTSSAAL: Ladekabel als Tatwaffe
Vier Monatseinkommen Strafe für Ausraster
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Vier Tage lang hatte die 31-jährige Sandy S.* ihre Unschuld beteuert. Nach Abschluss der umfangreichen Beweisaufnahme verurteilte Amtsrichterin Reinhild Ahle die Potsdamerin jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung sowie Nötigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je zehn Euro. Das entspricht vier Monatseinkommen der Arbeitslosen. Am 14. Juni vorigen Jahres soll Sandy S. in ihrer Wohnung im Wohngebiet am Schlaatz ausgerastet sein: Ihrer Bekannten Cornelia C. warf sie laut der Anklage erst böse Worte an den Kopf, dann soll sie sie geschlagen und getreten, ihr dann sogar das Akku-Teil eines Handy-Ladekabels schmerzhaft über den Rücken gezogen haben. Zuvor – so die Staatsanwaltschaft – habe Sandy S. gefordert, die junge Frau möge ihr Mobiltelefon herausrücken, damit sie die darauf gespeicherten SMS lesen könne.
Doch Sandy S. bestritt diese Vorwürfe. „Ich denke, Cornelia hat meinem Ex mitgeteilt, dass ich einen neuen Mann kennen gelernt habe. Daraufhin ist er an dem bewussten Vormittag bei mir erschienen, hat meine Wohnung auseinandergenommen, mich verprügelt und gewürgt“, sagte Sandy S. zu Prozessbeginn. „Er drohte auch, meinem kleinen Sohn etwas anzutun. Ich habe Cornelia später zur Rede gestellt, sie aber nicht geschlagen. So etwas ist unter meinem Niveau. Falls sie sich verbal angegriffen gefühlt hat, möchte ich mich entschuldigen.“ Cornelia C. habe ihr sogar geholfen, wieder Ordnung in ihren vier Wänden zu schaffen. Am Abend sei sie noch einmal vorbeigekommen. „Wir haben Wein getrunken und geredet. Es war total schön.“ Wieso die Bekannte sie einer Straftat bezichtigen sollte, vermochte sich die Angeklagte nicht zu erklären.
Cornelia C.* (23) trat während der Verhandlung als Nebenklägerin auf – und hatte eine ganz andere Erinnerung an das Geschehen. „Ich sollte den Ex-Freund von Sandy anrufen, um zu vermitteln. Aber ich habe mich geweigert. Da hat sie mich als Schlampe und dreckige Hure beschimpft“, erinnerte sich die Friseurin im Zeugenstand. „Auf einmal hatte ich ein Glas Wein im Gesicht, kurz darauf ihren Fuß. Dann schnappte sie sich das Ladekabel ihres Handys und schwang es wie ein Lasso durch die Luft.“ Ehe sie sich versah, sei das „dicke Ende“ auf ihrem Rücken gelandet. Eine Ärztin habe ihr am nächsten Tag ein Hämatom am Kiefer sowie diverse Prellungen attestiert, so Cornelia C. Eine Woche lang sei sie krankgeschrieben gewesen.
Zahlreiche Zeugen, die das Gericht an den nächsten Verhandlungstagen hörte, konnten das Tatgeschehen nicht wirklich erhellen. Der Appell von Richterin Ahle an die Angeklagte, einsichtiges Verhalten und Reue würden sich im Falle einer Verurteilung günstig auswirken, verhallte ungehört. Sandy S. blieb bei ihrer Version des Geschehens. Das ärztliche Attest über die Verletzungen von Cornelia C. hingegen sprach eine eindeutige Sprache. (*Namen geändert.) Hoga
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