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Aus dem GERICHTSSAAL: Landfrieden gebrochen

Babelsberg-03-Fans nach Ausschreitungen verwarnt

Stand:

Zuerst wollen die Angeklagten nichts sagen. Dann räumt Leon L.* (20) ein, seinem Kontrahenten einen Faustschlag versetzt zu haben, schwächt seine Aussage aber gleich wieder ab. „Ich habe es versucht. Als Ringer habe ich andere Möglichkeiten, eine Person zu Boden zu bringen.“ Sebastian S.* (20) ergänzt: „Wir hatten keine Fahnenstangen, sondern welche aus PVC, wie sie in jedem Stadion erlaubt sind.“ Ihre Gegner seien allerdings mit Flaschen auf sie losgegangen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Leon L. und Sebastian S. schweren Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vor. Anlässlich eines Fußballspiels von Babelsberg 03 gegen Borussia Dortmund II am 28. Juli 2007 im Karl-Liebknecht- Stadion sollen die zwei Babelsberg-Fans aus einer Gruppe heraus zu Gewalttaten gegen die Dortmund-Anhänger aufgefordert haben. Daraufhin sollen rund 30 bis jetzt unbekannt gebliebene Täter mit Fahnenstangen auf die „Gegner“ eingeschlagen haben.

„Wir hatten uns schon sehr auf diesen Tag gefreut“, erzählt Leon L. vor dem Jugendgericht. „Es war das erste Spiel unserer Mannschaft nach der Sommerpause.“ Doch bereits im Stadion habe eine komische Stimmung geherrscht. Nach dem Spielende – die Mannschaften trennten sich unentschieden – seien etwa 60 bis 70 „eher rechts orientierte Borussia-Fans auf die eher links orientierte Babelsberger-Klientel“ zugestürmt. Zuerst seien zwischen den Gruppierungen nur Sprüche ausgetauscht worden. „Dann kam es zu Handgreiflichkeiten.“

„Laut Aktenlage sollen Sie in vorderster Front agiert haben“, wendet sich Amtsrichterin Rita Franke an Sebastian S. Der gesteht: „Ich hatte eine Menge Alkohol an dem Tag getrunken.“ Zuerst habe er ein paar Bierchen gekippt, weil sein Opa am Morgen schwer gestürzt sei und sich am Kopf verletzt habe. Im Stadion habe er weiter getrunken. „Eigentlich bin ich dann immer gut drauf“, so der künftige Automobilkaufmann. „Irgendwie hat die Sache eine Eigendynamik entwickelt. Jetzt gehe ich solchen Situationen lieber aus dem Weg.“ Auch der mitangeklagte Kampfsportler Leon L. hatte guten Grund, am Tattag mehr als üblich zu schlucken. „Zwei Wochen zuvor waren Europameisterschaften im Ringen. Ich hatte einen Wettkampf verpatzt. Meine Teilnahme an der Weltmeisterschaft stand zur Debatte.“ Aggressiv sei er deswegen nicht gewesen, nur gefrustet.

Die von den Angeklagten beschriebenen Stangen seien keine Waffen im Sinne des Gesetzes, räumt der Staatsanwalt nun ein. Das Jugendgericht folgt ihm und verwarnt das Duo wegen einfachen Landfriedensbruchs sowie versuchter gefährlicher Körperverletzung . Außerdem muss jeder 500 Euro an den „Rückenwind“ e. V. zahlen. (*Namen geändert.) Hoga

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