Landeshauptstadt: Landfriedensbruch nicht erwiesen
aber Verstoß gegen das Versammlungsgesetz/Geldstrafe
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aber Verstoß gegen das Versammlungsgesetz/Geldstrafe Von Gabriele Hohenstein Der Vermummte auf dem Video habe zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit seinem Mandanten. Dessen Identität sei dadurch aber noch lange nicht erwiesen, erklärte Rechtsanwalt Alain Mundt aus Berlin am gestrigen zweiten Verhandlungstag im „Toiletten-Barrikade-Prozess“ vor dem Amtsgericht. Ohnehin – so der Verteidiger nach dem Vorführen der von einem privaten Fernsehsender gemachten Aufnahmen – reiche die bloße Inaugenscheinnahme der Bilder nicht aus. Sicherheit würde nur ein Sachverständigengutachten bringen. Doch das kostet viel Geld und würde die Angelegenheit weiter in die Länge ziehen. Simon K. soll am Abend des 5. September 1999 mit etwa 70 bis 100 Gleichgesinnten bei einer Demonstration gegen den Einzug der rechtsextremen DVU in den Brandenburgischen Landtag am Brauhausberg einen mit CDU-Wahlwerbung beschrifteten Kleintransporter umgekippt und ein Dixie-Klo als Barrikade auf die Straße geschoben haben, das dadurch beschädigt wurde. Zudem habe er sich bei der Zusammenkunft mit einer Sturmhaube vermummt, um die Aufnahme seiner Personalien durch die Polizei zu erschweren. Der Angeklagte schwieg am ersten Prozesstag zu den Vorwürfen, während sich sein Verteidiger eifrig bemühte, die Fehlerhaftigkeit der Anklage zu untermauern. Auch gestern hielt der Rechtsanwalt an seiner Ansicht fest, das angeklagte Umwerfen des Pkws aus der Menge heraus sei Stimmungsmache gegen seinen Mandanten und durch nichts zu beweisen. Dirk S. (30) will Simon K. auf dem Video trotz seiner Vermummung zweifelsfrei als Teilnehmer der Ausschreitungen identifiziert haben. „Ich kannte ihn von einer Wohnungsdurchsuchung. Außerdem habe ich mir die Bilder einer erkennungsdienstlichen Maßnahme gegen ihn besorgt und sie mit der entsprechenden Person auf dem Video verglichen“, führte der Polizeizeuge aus. „Ja, ich habe vermummt an dieser Demonstration teilgenommen“, gestand Simon K. (29) nun. Aber nicht, um Straftaten zu begehen, sondern um mich vor etwaigen Übergriffen Rechter zu schützen.“ Inzwischen – so der wegen Amtsanmaßung, Urkundenfälschung, Beleidigung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte Vorbestrafte – habe er sich aus der linksextremen Szene gelöst. Landfriedensbruch – wie ursprünglich angeklagt – sei Simon K. zwar nicht nachzuweisen, befand Staatsanwalt Peter Petersen. Was bleibt, sei ein Verstoß gegen das Vermummungsverbot auf Versammlungen. Das sah das Gericht ebenso. Das Urteil: 20 Tagessätze zu je 10 Euro Geldstrafe für den Grafik-Praktikanten.
Gabriele Hohenstein
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