Landeshauptstadt: „Landtag passt ins Schloss“
Vereine sind bei der Landtagsfassade kompromisslos
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Innenstadt – Die Vereine, die sich für den Wiederaufbau der Potsdamer Mitte engagieren, sind sich einig: Beim Bau des Landtages darf es bei der Fassade keine Kompromisse zum Original von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff geben. So das Fazit einer Zusammenkunft der Initiativen zu Stadtkanal, Stadtschloss und Garnisonkirche, die Mittwochabend im Ausstellungsraum am Standort der Garnisonkirche in der Breiten Straße stattfand. „Passt der Landtag in das Stadtschloss?“ - diese Frage war das einzige Thema des Abends, den Johann-Peter Bauer vom Garnisonkirchen-Verein moderierte. Christopher Kühn, Diplomingenieur für Städtebau und Architektur, gab in einem einstündigen Vortrag mit seinen drei Mitstreitern die Antwort: „Er passt.“
Wie schon mehrfach berichtet, will Kühn an der Stelle des ehemaligen Marmorsaals einen modernen Plenarsaal unterbringen sowie auf vier Etagen der Schloss-Seitenflügel, in welche Decken eingehängt werden, die Abgeordnetenbüros. Wie er an exzellenten Abbildungen darstellte, wäre dabei die Gestalt des Schlosses mit dem Ehrenhof als Rekonstruktion dem Original zum Verwechseln ähnlich. Wieder herstellen will Kühn außerdem das historische Treppenhaus, von dem noch viele Original-Stücke erhalten sind. Für die Arbeit gab es viel Beifall bei den zahlreichen Anwesenden, die beim Wort „Arbeitsstätten-Richtlinienverordnung“ hörbar genervt reagierten. Es geht unter anderem darum, ob jemand in einem Büro nur von Wänden umgeben ist oder auch mal durch ein Fenster blicken kann. Kühn zeigte, dass das trotz der unterschiedlichen Proportionen von Schloss-Gemächern und Landtags-Büros möglich ist. Der Architekt räumt ein, dass gewisse Abstriche bei den Büros gemacht werden müssten, weil sich diese in einem historischen Gebäude und nicht in einem modernen Geschäftshaus befänden.
Der Vorsitzende des Stadtschloss-Vereins Michael Schöne musste die Hoffnungen wenig informierter Fragesteller, ob Kühns Entwurf in das laufende Verfahren einfließen könne, zerstreuen. „Das geht nicht, denn jetzt ist die Lokomotive schon abgefahren“, klärte er auf. Die Angebote von sechs Konsortien seien nach einer europaweiten Ausschreibungen eingereicht. Ende November gebe es einen Wochenendworkshop und im Februar des nächsten Jahres ein so genanntes Dialogverfahren. Bei Letzterem könnten möglicherweise „Nebenentwürfe“ wie der vorgestellte eine Rolle spielen.
Christopher Kühn und seine Freunde wollen aber offenbar gar nicht in ein offizielles Verfahren hineinkommen. Sie verstehen ihre Arbeit vielmehr als Beitrag zur Bildung der öffentlichen Meinung: „Wenn sich tausend Leute auf dem Alten Markt versammeln und die historische Fassade fordern, kann das in einer Demokratie nicht ungehört bleiben.“
„Unsere Sorge ist groß“, sagt Schöne angesichts des laufenden Verfahrens, weiß aber auch, dass die Original-Befürworter eigentlich gute Karten haben, denn „der politische Beschluss ist ja da.“ Demnach geht es darum, dem Beschluss des Landtages Nachdruck zu verleihen und die Mittel einzuwerben, um die historische Fassade wieder herzustellen. Laut Schöne verursache diese bei dem 85 Millionen Euro teuren Projekt Mehrkosten in Höhe von zehn Prozent. Die Stunde der Wahrheit ist dann zu erwarten, wenn ein Entwurf, der die historische Fassade erlaubt, vorliegt und wenn der „Volkswille“ in Spendenbereitschaft umschlägt, um diese zu ermöglichen. Günter Schenke
Günter Schenke
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