
© Manfred Thomas
Streit um Fenster: Landtagsfenster sind nicht original
Statt fassadenseitig Fenster nach barockem Vorbild einzusetzen, würden nun „primitive 08/15-Fenster“ eingebaut. Renommierter Fensterbauer erhebt schwere Vorwürfe gegen die BAM – die weist alles zurück.
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Innenstadt - Potsdams neuer Landtag in Stadtschlosshülle weicht offenbar immer weiter vom historischen Original ab. Nachdem bereits die Entscheidung für ein Zink- statt eines historischen Kupferdachs gefallen ist, trifft es nun auch die Fenster. Statt fassadenseitig Fenster nach barockem Vorbild einzusetzen, würden nun „primitive 08/15-Fenster“ eingebaut, sagte der renommierte Berliner Fensterbauer Hans Timm den PNN.
Timm, dessen Gutachterbüro den Planungsauftrag für die Nachbauten der barocken Stadtschlossfenster erhalten hatte, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Baufirma BAM. Um die Kosten zu drücken, sei der Auftrag für den Bau der Fenster an den billigsten Anbieter vergeben worden. Der wiederum versuche nun, das von Timm erarbeitete Fensterkonzept an seine eigene Preiskalkulation „anzupassen“. Die Folgen sind laut Timm nicht nur optischer, sondern auch ökologischer und wirtschaftlicher Art: So sei auf die äußere Wärmedämmung der Fenster verzichtet worden. Das werde dazu führen, dass die Energiekosten im neuen Landtag enorm steigen würden, prophezeite Timm. Doch der Wegfall der Dämmung ziehe noch mehr nach sich. Weil das Innere der Kastenfenster ohne Dämmung schnell überhitze, funktionierten auch die Motoren für die geplanten automatischen Jalousien nicht mehr. Daher müssten in die Holzfensterrahmen oben und unten Lüftungsschlitze eingebaut werden, was optisch sehr störe.
Er selbst habe sich an die Vorgaben für die Knobelsdorff-Fassade gehalten, die in der „Projektbeschreibung Bauleistungen“ enthalten sind. Das Papier hatte die ProDenkmal GmbH vor drei Jahren im Auftrag des brandenburgischen Finanzministeriums – Bauherr des Landtags – erstellt. Darin heißt es allerdings sehr allgemein: „Die Fenster sind entsprechend den historischen Vorbildern als Holzdrehfenster mit echten Sprossen auszubilden. Dabei sind die historischen Stärken anzustreben.“ Wolfgang Frey, der für ProDenkmal das Papier miterarbeitet hat, sagte am Dienstag auf Anfrage, die Planung sollte „eigentlich noch weiter vertieft werden“. Ob dies geschehen ist, bleibt aber unklar.
Timm, auf dessen Referenzliste im Fensterbau unter anderem das Berliner Schloss Charlottenburg, die Staatsoper Unter den Linden sowie diverse Ministerien und auch der niedersächsische Landtag in Hannover stehen, fürchtet nun um seinen guten Ruf. Er werde seinen Namen vom Bauschild am Landtag zurückziehen, kündigte er an.
Die BAM und das Finanzministerium wiesen die Vorwürfe am Montag zurück. Timm habe „über die vertragliche Situation hinaus Dinge geplant, die sich nicht umsetzen ließen“, sagte Thomas Weber, Mitglied der Geschäftsführung der BAM. Beim Einbau von Timms Fenstern hätte es „bauphysikalische Probleme“ gegeben. Dies hätten unabhängige Experten bestätigt. Aus diesem Grund sei Timms Konzept nicht zum Zuge gekommen. Weber und Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern erklärten, die nun ausgewählten Fenster entsprächen „zu 100 Prozent“ dem, was laut Vertrag zwischen Land und BAM vorgesehen sei. Dort, präzisierte Weber, sei von einer „Annäherung“ an die historischen Fenster die Rede. Man habe eine „sehr ordentliche Lösung“ gefunden. Historisches müsse mit den Anforderungen an einen modernen Landtag in Einklang gebracht werden. Timms Vorwurf, die neuen Fenster hätten außen keine Wärmedämmung, sei „absoluter Quatsch“, sagte Weber. Die Fenster seien gedämmt, der Landtag werde alle Vorgaben der Energieeinsparverordnung erfüllen.
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