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Landeshauptstadt: Landtagsneubau: Droht die posthume Ohrfeige für Knobelsdorff?

„Potsdam verliert Bodenhaftung“ vom 30. Oktober 2006Ja, Sie haben leider recht.

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„Potsdam verliert Bodenhaftung“ vom 30. Oktober 2006

Ja, Sie haben leider recht. Potsdam hat die Bodenhaftung verloren. Ein Giga-Bauwerk jagt das Nächste. Aber es ist nicht nur das reine Geld. Es ist auch die Frage, wie die Stadtregierung mit ihren Bürgern umgeht. Der Verkehrstisch Potsdam beispielsweise ist die reinste Farce. Egal, wer dort was zu welchem Thema sagt, es wird protokolliert und das war“s dann auch. Probleme, die die Bürger direkt betreffen, wie zum Beispiel der Zustand am Baggersee im Wohngebiet Stern, werden ignoriert. Sowohl von der Stadtverwaltung als auch vom zuständigen Bauausschuss. Es ist leider anscheinend sekundär, um welche Partei es sich dabei handelt. Hier ziehen SPD, CDU und PDS leider am gleichen Strang. Warum werden nicht Alternativen zum Spaßbad ernsthaft diskutiert? Die Schwimmhalle in Wildau kostete circa 8 Millionen Euro, das heißt man kann mit der Bausumme von 30 Millionen Euro mindestens drei Schwimmhallen bauen. Werden diese über die Stadt verteilt, dann müssen Eltern nicht so weit zum Schwimmunterricht fahren. Fazit: Die Stadtregierung und auch die Verwaltung sollten schleunigst umdenken. Beide sind für die Bürger da und nicht umgekehrt. Wirtschaftliches Denken kommt vor Prachtbauten. Öffentliche Bauten sollen dem Bürger dienen und nicht einem kleinen Teil, der sich anscheinend für so elitär hält, dass er oft nicht einmal auf Fragen antwortet. Und: Vielleicht sollte man auch den Bürgern, die schon lange hier wohnen, eine Chance geben, sich aktiv beteiligen zu können. Auch wenn dann manche Meinung auseinander geht.

Gunter Flügel, Potsdam

Landtagsneubau am Alten Markt

Die Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte darf nicht durch „ergebnisoffene“ Experimente, wie sie Herr Speer gern hätte, gefährdet werden. Im Beschluss des Landtages vom 20. Mai 2005 ist für den Bau an der Stelle des Stadtschlosses eindeutig festgelegt: „Landtagsneubau in den äußeren Um- und Aufrissen des ursprünglichen historischen Gebäudes“. Sogar die Attika, auf die Herr Speer so gern verzichten möchte, ist dort dezidiert genannt. Vor diesem Hintergrund ist für mich die derzeitige Diskussion um den Landtagsbau nicht nachvollziehbar. Das Scheinargument der knappen Finanzen ist perfide. Die Machbarkeitsstudie hat bewiesen, dass die Funktionen des Landtags innerhalb des historischen Fassadenumrisses Platz haben. Der Verzicht auf den historisch getreuen Wiederaufbau der Hofseiten bietet den Architekten genug Möglichkeiten für adäquate Lösungen der Raumfrage. Die Stadtverordneten sollten sich nicht durch Drohungen beeindrucken lassen, sondern für das Wohl der Landeshauptstadt wirken, denn dafür haben wir sie gewählt. Der B-Plan muss deshalb die Baulinie und die Gebäudehöhen entsprechend dem historischen Baukörper vorgeben. Alles andere wäre eine posthume Ohrfeige für Knobelsdorff. Es gibt in Potsdam genug vermurkste Architektur. Als Bürger dieser Stadt möchte ich mich nicht auch noch für das neue Landtagsgebäude schämen müssen!

Andreas Kitschke, Potsdam

Ich wünschte, die Brandenburger Landesregierung hätte einen Traum: einen Landtag mitten in Potsdam im Schloss Friedrichs des Großen und Wenzeslaus von Knobelsdorffs. Mit einem überwiegend modernen Innenleben, das architektonisch belegt, dass auch unsere Zeit in der Lage ist, in Potsdam europäisches Qualitätsniveau vorzuführen. Und das in Potsdam das passiert, was in Dresden mit dem Wiederaufbau der Frauenkirche geschehen ist. Dieser wahr gewordene Traum in Dresden, lässt nun die Stadtkassen sprudeln. Schafft Arbeitsplätze. Erledigt Standort- und Tourismuswerbung. All das könnte Potsdam auch schaffen. Die Ausgangslage ist gleich. Denn Dresden wie Potsdam sind aufgrund ihres geschichtlichen und künstlerischen Niveaus Weltkulturerbe der Menschheit. Ist sich der Finanzminister des Landes Brandenburg dessen bewusst? Ist er sich dessen bewusst, wenn er die von den Potsdamern frei gewählten Stadtverordneten unter Druck setzt? Ist er sich bewusst, dass er damit auch einen Landtag missachtet, dem er mittelbar sein Amt verdankt? Denn der Landtagsbeschluss vom 20. Mai 2005 ist eindeutig: das Potsdamer Stadtschloss soll für das Parlament wieder aufgebaut werden, in der alten Kubatur und mit den historischen Fassaden. Wenn nun die Potsdamer Volksvertreter vor der Aufgabe stehen, diesen mehrheitlichen Willen des Landtages in Baurecht zu fassen, ist ihnen Standhaftigkeit zu wünschen. Und das Wissen, dass die Rekonstruktion von Baudenkmälern von großer identitätsstiftender Qualität seit der Antike immer wieder vollbracht wurde. Dies hat schon lange nichts mehr mit irgendeinem rückwärtsgewandten Weltbild zu tun. Heute geht es darum, mit dem Wiederaufbau des Schlosses Wunden zu heilen und Identität zu stiften. Gibt es etwas Zukunftszugewandteres?

Dr. Hans-Joachim Kuke, Verein Potsdamer Stadtschloss e.V.

Der Finanzminister hat ohne Umschweife gesagt, was wir am Alten Markt zu erwarten haben: Einen funktionalen Zweckbau. Sollen alle anderen blind oder taub sein. Nicht nur die Apolegeten der internationalen Architektenwelt, sondern wir sollten darüber zu entscheiden haben, was an diesen Standort passt, weil wir damit zu leben haben. Damit Rhythmus und Proportionen des neuen Baus dem historischen Vorbild gleichen, müssen Baulinie und Gebäudehöhen dem wiederzugewinnenden Stadtraum entsprechend im B-Plan zwingend festgesetzt werden. Die Architektur ist daraus zu entwickeln und nicht festgelegt, nur die städtebaulichen Rahmenbedingungen sind damit eindeutig definiert. Wer in diesem Willen etwas anderes sieht, hat es nicht begriffen. Potsdam hat angesichts des vom Land gewählten Verfahrens nur noch jetzt eine sichere Chance seinen Gestaltungswillen wirksam durchzusetzen, was bei einem offenen Wettbewerb anders wär.

Bernhard Wendel, Potsdam

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