Landeshauptstadt: Lange Brücke – die Unvollendete
Ausgezeichnete Tram-, Fußgänger- und Radfahrerbrücke soll Vorbild für die weiteren Arbeiten sein
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Innenstadt – Die Jahre der Spannbetonbrücke über die Alte und Neue Fahrt sind gezählt. Experten geben ihr noch eine Nutzungsdauer von zehn Jahren. „Erst wenn der zweite Bauabschnitt vollendet ist, wird die Lange Brücke wieder als einheitliches Bauwerk wirken“, sagt der Berliner Architekt Henry Ripke. Zusammen mit Bauingenieur Thomas Klähne war er für den 1. Bauabschnitt, die neue Tram-, Fußgänger- und Radfahrerbrücke, verantwortlich. Am Dienstag führten Ripke und Klähne, deren Arbeit mit den Brandenburgischen Baukulturpreis in der Kategorie „Infrastruktur“ gewürdigt wurde, über das laut Jury „elegante und zurückhaltende“ Bauwerk.
Die neue Brücke war infolge der verkehrlichen Umorganisation durch den Schloss-Nachbau notwendig geworden. Nach Überzeugung ihrer Konstrukteure dürfte ihre ästhetische und konstruktive Ausrichtung das Maß für den zweiten Bauabschnitt nach dem Abriss der Betonbrücke aus dem Jahre 1961 sein.
„Die Brücke ist wie eine Skulptur und kann von allen Seiten und sogar von unten betrachtet werden“, sagte der Architekt. „Grundidee sind die immer kleiner werdenden Bögen wie ein Steinwurf auf der Wasseroberfläche.“ Als Vorbild sieht Ripke vor allem einen Vorgängerbau der Langen Brücke aus dem Jahre 1825 von Karl Friedrich Schinkel. Durch dessen Transparenz und die Reihung der leichten Bögen war Schinkels Entwurf eine der schönsten Brücken seiner Zeit.
Das Tragwerk der jetzigen Tram-Brücke besteht aus Stahl. Das habe weniger mit Schinkel zu tun, der die Brückenfelder bekanntlich aus Gusseisen konstruiert habe, sondern damit „dass ich Stahlbauer bin“, sagt Klähne. Eine Stahlkonstruktion könne errichtet werden, ohne den Schiffsverkehr zu unterbrechen. Das habe so auch in Potsdam stattgefunden. „Wir haben uns dafür eingesetzt, den Tunnel vom Hafen zur Alten Fahrt zu erhalten“, berichtete Ripke. Um das zu erreichen, musste die Brücke extra verlängert werden. Nach dem Durchschreiten des Tunnels lässt sich die filigrane Stahlkonstruktion erleben. „Es ist eine Brücke als Sinnbild aber für einen bestimmten Zweck“, beschreibt Ingenieurkammer-Präsident Wieland Sommer das Zusammenspiel von Architektur und Ingenieurkunst.
„Die größten Herausforderungen waren für uns die geringe Bauhöhe und die Gründung. Durch den Brückenbogen der Neuen Fahrt fahren bekanntlich große Schiffe. Mittels vieler Stahlträger nebeneinander konnten die Ingenieure die Bauhöhe reduzieren. Von den Gründungsarbeiten zeigte Thomas Klähne in einem anschließenden Vortrag in den Bahnhofspassagen eindrucksvolle Bilder. Wie er erzählte, steckten die Gründungspfähle aus Holz der Vorgängerbrücken noch unversehrt im Boden. Daher war teilweise mit Großbohrpfählen keine neue Befestigung möglich und es mussten Bohrungen mit vielen kleinen Pfählen vorgenommen werden.
Der Präsident der Brandenburgischen Architektenkammer Bernd Schuster hob hervor, dass erstmals sämtliche für den Baukulturpreis eingereichten Arbeiten präsentiert werden. Auf 710 Quadratmetern Fläche sind die 51 Wettbewerbsarbeiten im Ausstellungsraum der Bahnhofspassagen an der Langen Brücke noch bis zum 17. April zu sehen.
Günter Schenke
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