Landeshauptstadt: Lange Wege übers Land
Zwei Anglervereine: Uetz und Paaren gehören seit 1961 zusammen und führen doch ein getrenntes Leben
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Zwei Anglervereine: Uetz und Paaren gehören seit 1961 zusammen und führen doch ein getrenntes Leben Mit der Kommunalwahl am 26. Oktober soll Potsdam per Eingemeindung sieben neue Ortsteile bekommen, die an dieser Stelle vorgestellt werden. Heute: Uetz-Paaren Von Winfried Gutzeit Uetz-Paaren ist seit jeher landwirtschaftlich geprägt, hatte bis zur Wende eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) Obstproduktion und ein Volkseigenes Gut (VEG). Beides wurde dann 1991/92 „abgewickelt“. „Auch wenn die entlassenen Mitarbeiter eine recht gute Abfindung erhalten haben, für viele bedeutete es aber, im Alter von 40 oder 50 Jahren arbeitslos zu werden, mit wenig Chancen, auf dem Arbeitsmarkt noch etwas zu finden“, erinnert sich Gerhard Sokoll. Er ist hier seit 1976 Bürgermeister. Zur Wendezeit war er zwar erst einmal „weg vom Fenster“, doch sein Nachfolger kapitulierte bereits nach drei Monaten an den komplexen Aufgaben der Umstrukturierung. So kehrte Sokoll zurück an den Bürgermeister-Schreibtisch. Zur Wahl 1993 konnte er 70 Prozent Zustimmung verbuchen. Er kandidiert auch jetzt wieder für den künftigen Ortsbeirat, denn „man weiß doch nach soviel Jahren ganz gut Bescheid“. Sokoll lebt seit 39 Jahren in Uetz-Paaren, hat hier als Maurer bei der LPG gearbeitet und seine Meisterprüfung abgelegt. „Ich war vor 1976 auch schon einige Jahre lang Gemeindevertreter“, sagt der heute 61-Jährige. Somit kann er jetzt 13 Jahre DDR-Gemeinderat mit 13 Jahren Arbeit in der neuen Gemeindevertretung vergleichen. „Leider haben wir heute vieles an Sozialem verloren“, bedauert er. Es träfe auch gerade die Rentner, denn „man rechnet heute zu vieles in Geld“, gibt er zu bedenken. Das Klima im Ort sei merklich abgekühlt. „Früher wurde viel mehr gemeinsam gefeiert, das kommt heute kaum noch vor. Man kriegt einfach die Uetzer nicht mehr nach Paaren und umgekehrt.“ Die beiden Dörfer Paaren und Uetz wurden zwar bereits 1961 zu einer Gemeinde zusammengeschlossen, doch fühlen sich beide noch immer eigenständig. So sind die Angler beider Ortsteile in verschiedenen Vereinen organisiert. Beide haben ihre eigene Feuerwehr, was aber durch die räumliche Trennung verständlich ist. Die Infrastruktur orientierte sich bis 1990 ausschließlich an den landwirtschaftlichen Betrieben. Die Gaststätten gehörten der Konsumgenossenschaft und sind längst geschlossen, ebenfalls die kleinen Verkaufsstellen. Zwar bieten die großen Einkaufszentren wie der Havelpark in Dallgow jetzt gute Einkaufsmöglichkeiten, doch schlechter sind die Rentner im Dorf dran, da sie meist kein Auto besitzen. „Die werden jetzt durch fliegende Lebensmittelhändler versorgt.“ Auch Potsdam bietet dafür keine Alternative, deswegen wäre eine Einkaufsmöglichkeit im Friedrichspark gut. „Da könnte man auch mal mit dem Fahrrad hinfahren.“ Neuerdings heißt es wohl aus Potsdam, der Friedrichspark wird künftig doch voll genutzt. „Und uns haben sie immer verklagt“, ärgert sich Sokoll. Vom Abwasseranschlusszwang ist der Ort befreit. „Die Kanalisation wäre einfach zu teuer für uns, der billigste Hausanschluss würde 3000 Euro kosten, der teuerste beinahe 34 500 Euro“, rechnet er vor. Dagegen hat die Gemeinde damals geklagt und auch gewonnen, zunächst für 15 Jahre. Die Telefonanschlüsse sind allesamt neu gelegt worden. In Paaren wurde eine neue Frischwasserleitung gelegt, nachdem Uetz ihre bereits Ende der 80er Jahre erhalten hatte. „Wir hatten hier vorher fast nur nitratverseuchte Brunnen, daher wurde Uetz bei der Wasserleitung bevorzugt“, erinnert er sich. Was auch neu ist für die Dorfbevölkerung: Beide Ortsteile sind zu etwa 90 Prozent an die zentrale Gasversorgung angeschlossen worden. „Das ist für uns auf dem Dorf natürlich hervorragend. Keine Kohlen und kein Dreck mehr beim Heizen.“ Jedoch musste sich mindestens die Hälfte der Familien für die Umstellung auf Erdgas bereit erklären, sonst wäre das Gasunternehmen gar nicht erst gekommen. Die Gemeindevertretung war immer mit parteilosen Mitgliedern besetzt, Parteipolitik spielt somit in Uetz-Paaren überhaupt keine Rolle. „Die Zusammenarbeit war sehr gut. Wir haben stets gründlich und manchmal kontrovers diskutiert, sind dann aber immer zu einen eindeutigen Ergebnis gekommen“, erinnert er sich. Eine große Leistung dabei war: Uetz-Paaren hat als eine der ersten Gemeinden des damaligen Landkreises Potsdam-Land 1991 einen Flächennutzungsplan erarbeitet. „Wir haben 13 000 D-Mark Förderung erhalten und selbst 12 000 dazu gegeben.“ Keine einzige Behörde habe sich an diese Satzung gehalten. „Es wurde uns alles abgelehnt, speziell beim Bauen“, sagt er resigniert. Auf ihre Baugenehmigungen haben die Uetz-Paarener meist jahrelang gewartet. In Paaren wurde beispielsweise im Rahmen des Bebauungsplans ein Baugebiet für etwa 100 Einwohner nicht genehmigt. „Das ist alles treuhänderisch verwaltetes Land, was jetzt ungenutzt herumliegt.“ Im Flächennutzungsplan sei das bereits aufgeführt, trotzdem wird das einfach nicht genehmigt. „Da geht Gas lang, da geht Wasser, lang, da geht Telefon lang, es ist voll erschlossen. Warum wird es dann nicht genehmigt“, wundert er sich. Interessenten gäbe es genug. POTSDAM WIRD GRÖSSER – DIE NEUEN ORTSTEILE IM PORTRÄT (6)
Winfried Gutzeit
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