zum Hauptinhalt
Willkommen im Läuferland: Hagen Brosius trainierte drei Wochen im kenianischen Läufermekka Iten und sorgte dabei auch bei den Einheimischen für Aufsehen.

© privat

Von Peter Könnicke: Langer Atem in dünner Luft

Nach einem Trainingslager in Kenia startet Hagen Brosius morgen beim schnellen Berliner Halbmarathon

Stand:

Die Wege sind schlammig und glatt wie Schmierseife. Nach wenigen Metern klebt ein Batzen lehmiger Erde unter den Schuhen, jeder Schritt wird ein zusätzlicher Kraftakt. Es geht – gefühlt – ständig bergan und die Luft ist dünn. Willkommen im Läuferland!

Mitten im kenianischen Hochland in Iten unweit von Eldoret strampelt ein Blondschopf im Meer Hunderter afrikanischer Läufer. Hagen Brosius, derzeit Potsdams schnellster Langstreckenläufer und deutsches Nachwuchs-Talent, wollte Höhenluft schnuppern - im doppelten Wortsinn. Das leistungsfördernde Training in 2500 Meter Höhe sollte Anfang März als Vorbereitung auf den Berliner Halbmarathon dienen, bei dem Hagen Brosius morgen an den Start geht und mit 65 Minuten eine Zeit anpeilt, die derzeit nur wenige deutsche Langstreckler laufen. Zum anderen tummelt sich in Iten die Belletage der globalen Laufszene: Olympiasieger und Weltmeister, Cross-Champions, Sieger der großen Marathonläufe von New York, Chicago oder London trainieren in der Hochebene am Rift Valley.

„Für mich ist es der nächste Schritt, um sich weiterzuentwickeln“, beschreibt der 22-Jährige seine Afrika-Reise. Seine ersten sportlichen Laufschritte machte er vor vier Jahren, angestachelt von seiner Mutter, die in einer Potsdamer Frauenlaufgruppe aktiv ist. Mehr Bedeutung bekam das Laufen, als er für acht Monate in die USA ging und sich in Minnesota dem Cross-Country-Team seiner Highschool anschloss. „Da begann, Laufen Spaß zu machen“, reflektiert er. Der hohe Stellenwert des Laufsports, der Zusammenhalt im Team, neue Freundschaften - all das habe ihn geprägt. Wieder zurück in Deutschland rückte sein Name regelmäßig in den vorderen Teil der Ergebnislisten von Straßenläufen und Bahnwettkämpfen. An das Siegerlächeln des Potsdamers bei lokalen Laufevents hat sich die hiesige Konkurrenz längst gewöhnt. Doch es wäre verschleudertes Talent, würde sich Hagen Brosius, der seit diesem Jahr für den SCC Berlin läuft, mit der Rolle des Lokalmatadors begnügen. Er selbst spürt am besten, dass da mehr geht. Und sein Trainer, Ex-800-Meter-Europameister Olaf Beyer, kennt die Etappen, die zur nationalen Spitze führen. Dort hat der 22-Jährige inzwischen zumindest angeklopft: Im Vorjahr wurde er deutscher Junioren-Vize-Meister über 10 Kilometer auf der Straße. Mit seiner dort gelaufenen Bestzeit von 30:15 Minuten zählte er zu den Top-Ten der deutschen Straßenläufer 2009.

Von internationaler Klasse ist das weit entfernt. Und dass oben die Luft – sprichwörtlich – immer dünner wird, hat Hagen Brosius lehrreich erfahren. Die Begegnung mit Dieter Hogen, der einst beim ASK Vorwärts Potsdam erfolgreich den Lauf-Nachwuchs trainierte, nach der Wende mit Uta Pippig die großen Marathonbühnen der Welt eroberte und heute unter dem Lauf-Label KIMbia Athletics kenianische Top-Läufer coacht, war für Hagen Brosius ein richtungsweisendes Erlebnis. Hogen lud den 22-Jährigen in Iten zu einem gemeinsamen Dauerlauf mit seinen Athleten ein. Nach fünf Kilometern winkte Brosisus ab: „Das war viel zu schnell.“ Der zweite Versuch war erfolgreicher, eine gemeinsame Tempoeinheit auf der Bahn klappte besser. Allerdings war der Trainingspartner eine kenianische Läuferin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })