Landeshauptstadt: Langes Warten
Potsdam wird vor März 2005 keine neuen Straßenbahnen bestellen
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Potsdam wird vor März 2005 keine neuen Straßenbahnen bestellen Von Detlef Gottschling Die Stadt Potsdam wird vor März 2005 keine neuen Siemens-Straßenbahnen vom Typ „Combino“ bestellen. Das sagte der Geschäftsführer des Verkehrsbetriebes in Potsdam (ViP), Martin Weis, am Dienstagabend. Ursprünglich hatte die Stadt im Einvernehmen mit Siemens die Lieferpause bis zum 30. Juni dieses Jahres verlängert. Potsdam will jedoch nun warten, bis die konstruktiven Probleme an den Bahnen – die zu Rissen an den Wagenkästen führen – vollständig behoben und vom Eisenbahn-Bundesamt abgenommen sind. Siemens indes zeigte sich gestern von der aktuellen Entwicklung überrascht. „Diese Neuigkeit erfahre ich von Ihnen“, sagte Dr. Joachim Stark von Siemens Transportation gestern den PNN auf Anfrage. Kommentieren wollte der Siemens-Sprecher dies nicht weiter, doch räumte er ein, dass die Gespräche weitergeführt würden und noch „Validisierungen und Berechnungen“ vonnöten seien. Erst am 22. Januar hatte Siemens verkündet, für Reparaturen an auch in Potsdam fahrenden Combino-Bahnen insgesamt 200 Millionen Euro für „unerwartete Gewährleistungen im Straßenbahngeschäft“ zurückstellen zu müssen. In der ehemaligen Produktionsstätte der auch in Potsdam noch rollenden Tatra-Bahnen in Prag, wo Siemens heute U-Bahnen baut, kümmert sich derzeit eine spezielle Arbeitsgruppe um die Combino-Mängel. Das sagte Martin Weis und berichtete, dass sich Vertreter des Verkehrsbetriebes am vergangenen Wochenende davon dort überzeugt haben: „Ein Freiburger Fahrzeug wurde dort zerlegt.“ Gleiches finde am Siemens-Standort in Krefeld statt. Nicht ohne Dauertest Wie Weis sagte, werde man sich auf bloße rechnerische Lösungen am Reißbrett nicht einlassen. „Erst nach einem Dauerschwingtest und der Abnahme durch das Eisenbahn-Bundesamt wird man uns überzeugen können“, so der Potsdamer Geschäftsführer. Die Überlast-Probleme, die vor allem aus Basel und aus Freiburg bekannt geworden seien, müsse Siemens endgültig in den Griff bekommen. Zwar seien die Mängel nicht verkehrsgefährdend, doch bewusst einkaufen müsse man solche Bahnen auch nicht. Von Siemens erwarte man ein Entgegenkommen, da man nach wie vor davon ausgehe, dass die Combino-Bahnen die beste Lösung für Potsdam seien. Schäden an den Wagen, wie in Basel zu beklagen, seien in Potsdam bisher nur in geringem Maße aufgetreten. Doch unterscheide man nun von der bisher geführten Diskussion um die als zu laut empfundenen Geräusche. Die schadhaften Getriebe und die in die Prüfung geratenen Radreifen hätten mit der Bestell-Verzögerung nichts zu tun, so Weis. Die Potsdamer CDU-Fraktion hatte im vergangenen Herbst vor der Kommunalwahl ein Gutachten zu Combinos anfertigen lassen, in dem neben den Geräuschen allerdings auch die Risse an den Wagenkästen aufgeführt und beanstandet wurden. „Wir erwarten parallele Lösungen von Siemens – keine nur schnellen sondern dauerhafte“, so Weis. So führe die Bestellverzögerung in Potsdam aber auch zu zusätzlichen Wartungen des Bestandes. Auch hier erwarte man von Siemens Vorschläge. Kapazitätsprobleme allerdings erwarte man nicht: Die Linien könnten mit dem derzeitigen Bestand abgesichert werden, waren doch erst am Vortag sechs Tatra-Bahnen von Potsdam nach Ungarn verkauft worden. „Wir geben nur weg, was wir nicht brauchen“, so Weis. Potsdam hatte insgesamt 48 Bahnen bei Siemens bestellt und auch gekauft. Jetzt, so der ViP-Geschäftsführer, gehe es nur noch darum, wann sie abgerufen werden. In der Landeshauptstadt sind so nur die ersten 16 Combinos im Einsatz. Nach einer dreijährigen Lieferpause hätte ursprünglich zum 31. Dezember 2003 nachbestellt werden müssen.
Detlef Gottschling
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