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Landeshauptstadt: Lästigen Inselbesuchern Bänke entzogen

Freundschaftsinsel ist zum Treff für Jugendliche geworden. Sie hinterlassen täglich Müll. Erste Konsequenzen.

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Freundschaftsinsel ist zum Treff für Jugendliche geworden. Sie hinterlassen täglich Müll. Erste Konsequenzen. Von Nicola Klusemann Zerschlagene Bierflaschen, Eispapier, herausgerissene Pflanzenetiketten, umgetretene Pollerleuchten. Fast jeden Morgen bietet sich Inselgärtner Jörg Näthe dieses Bild. Der Chef der Freundschaftsinsel weiß, wer die Wüteriche in seinem Garten sind: „Jugendliche auf der Suche nach mehr Freiräumen.“ Das klingt ein bisschen nach Verständnis – für einen Moment. „Aber muss das ausgerechnet hier sein“, schiebt er ärgerlich nach. Schon mehrfach habe er die Gruppen, die sich meist in der 70er Jahre-Ecke der Grünfläche zwischen Alter und Neuer Fahrt treffen, angesprochen. Und angezeigt wegen Sachbeschädigung. Ein ganzer Stapel an Protokollen habe sich bereits angesammelt, sagt Näthe. Auch die Zivildienstleistenden der städtischen Anlage hätten ihren Altersgenossen schon Müllsäcke in die Hand gedrückt. Mahnungen, die nur kurzzeitig ihre Wirkung tun. Jetzt reicht es dem Chefgärtner der Freundschaftsinsel. Als erste Konsequenz wird er den jungen Leuten die Sitzgelegenheiten entziehen. Um in gemütlicher Runde und gut versteckt hinter dem berankten Zaun zusammenhocken zu können, haben die Jugendlichen die nicht verankerten Holzbänke im Kreis aufgestellt. Jeden Morgen trugen die Zivis sie wieder zu ihrem ursprünglichen Platz zurück. Mit dem Hin und Her sei nun Schluss. Die Sitzgelegenheiten aus Holz wurden gestern ins Winterquartier geschafft. „Mitten im Spätsommer“, schüttelt Jörg Näthe den Kopf. „Aber, was soll ich machen?“ Die sonstigen täglichen Aufräumarbeiten hören deshalb nicht auf. Nach Plan muss eine Mitarbeiterin die herausgerissenen oder vertauschten Schilder mit den Pflanzenbezeichnungen den richtigen Plätzen auf den riesigen Beetflächen zuordnen. Auch der Müll werde jeden Morgen beseitigt. Die aus ihrer Verankerung gerissenen Lampen – der Anschaffungswert liegt bei 2500 Euro pro Stück – seien da schon teurer zu reparieren. Die Stadtbeleuchtung werde aufgrund knapper Kassen gleich abwinken, vermutet der Inselgärtner, und sie vielleicht ganz abschaffen. Aufgeben werde er deshalb nicht, hat sich Näthe geschworen. Viel zu viele hätten das schon getan. Dass seine Insel abends abgeschlossen wird, hindere die lästigen Besucher offensichtlich nicht daran, in die Anlage zu gelangen. Bei einem gestrigen Rundgang fand der Gärtner ihr Schlupfloch. Das „Florale Gitter“, ein Kunstwerk von Christian Roehl, ist die durchdringbare Stelle im ansonsten geschlossenen Zaun. Die kunstvoll wie Kletterpflanzen geformten gusseisernen Streben bilden an einer Stelle ein Loch, durch das schlanke Menschen mit ein bisschen Geschick hindurchklettern können – wie Zivi Andreas prompt demonstriert. Als weitere Maßnahme werde er deshalb Künstler Roehl kontaktieren und ihn bitten, noch eine weitere Strebe in sein Gitterwerk zu ziehen, hat sich Jörg Näthe vorgenommen. Wie viel Arbeit in der nach Foerster-Plänen gestalteten Gartenanlage steckt, könnten nur diejenigen wirklich nachvollziehen, die selbst Hand anlegten. Besonders jetzt während der langen Trockenperiode habe man mit hochgepumptem Havelwasser sowie Dauereinsatz und -berieselung die Insel gut in Schuss gehalten. Da seien solche Zerstörungen wie die umgetretenen Pollerleuchten und die verbogenen Pflanzenetiketten doppelt ärgerlich. Der Vollblut-Landschaftsgärtner Näthe hatte geglaubt, dass sich durch die Bundesgartenschau vor zwei Jahren so etwas wie ein allgemeines Bewusstsein für die Schönheit von gestalteten Pflanzenwelten verbreitet hätte. Bis zu „seinen“ jugendlichen Inselbesuchern aber scheint das Gespür nicht vorgedrungen zu sein. Immerhin unterbewusst suchten sie sich ja einen erfrischenden schönen Ort aus, tröstet sich der Inselgärtner, aber sie missachteten ihn gleichsam. „Schlechte Vorboten“ für das Jahr 2004, in dem die Potsdamerinnen und Potsdamer ein besonderes Augenmerk auf ihr Grün legen wollen. Es wurde als Themenjahr der Parks und Gärten bestimmt.

Nicola Klusemann

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