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Zielen. Marleen Bubam beim Sockenzielwurf bei den Oberlympics.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Laufen, werfen, spucken

Eine Potsdamerin bei den Oberlympics – dem etwas anderen Sportfest

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An diesem kalten, aber immerhin trockenen Junimorgen versucht sich Marleen Bubam erstmals im Korbwurf. Mit ihrem purpurfarbenen Rollstuhl ist die 20-Jährige nahe an den Korb gefahren und wirft den Basketball mehrmals in die Höhe. Zum Schluss berührt er zwar den Korb, ein Treffer gelingt ihr nicht. Doch einen Eintrag in ihre Wettkampfkarte gibt es trotzdem.

„Dabei sein ist alles.“ Zwischen Sockenzielwurf und Riesenmikado ist dieser Satz immer wieder zu hören. Bereits zum siebten Mal hat das Potsdamer Berufsbildungswerk (BBW) im Oberlinhaus gestern sein ganz besonderes Sportfest veranstaltet: die Oberlympics. Egal ob sie durch Körperbehinderung oder eine chronische Erkrankung beeinträchtigt sind – in solchen unolympiadischen Disziplinen wie Gummistiefelweitwerfen, Seilspringen oder Kirschkernweitspucken können die 850 Schüler und Azubis ihre Kräfte messen.

Die Sprecherin des Oberlinhauses, Birgit Fischer, betont, dass der Spaß bei den Oberlympics ganz klar im Vordergrund steht: „Jeder kann teilnehmen und sich ausprobieren. Manchmal, wenn die Jugendlichen bei einer Aufgabe denken, dass können sie gar nicht, geht es plötzlich doch.“ Auch außerhalb der Oberlympics gibt es für die jungen Menschen im BBW ein breites Sportangebot von Reiten über Segeln bis Elektro-Rollstuhl-Hockey.

Marleen und ihre Freundin Marita Fischer sind inzwischen an der Station „Armdrücken“ angekommen. Erst feuern sie einen Mitschüler an, dann besiegt Marita Marleen zweimal hintereinander. Doch schon beim „Blackbox Memory“ revanchiert sich Marleen als sie in der Kiste mehr Gegenstände erfühlt als ihre Freundin. Spina bifida und Hydrocephalus diktiert Marleen den komplizierten Namen ihrer Fehlbildung, die von Geburt an besteht. Offener Rücken und Wasserkopf wird es im Volksmund genannt.

Derweil tragen acht Jungs ein Rollstuhl-Basketball-Match aus. Geschickt kurven die Fahrer durch die Sporthalle, den Basketball dribbeln sie neben sich her. Die Regeln seien praktisch die gleichen, wie beim Basketball, erklärt der 19-jährige Davut Kaya, der den Sport seit einem Jahr auch im Verein spielt.

Nach dem Ende ihrer Ausbildung zur Bürokraft würde Marleen gerne in einem Callcenter arbeiten und eine eigenen Wohnung beziehen. Zurzeit wohnt sie noch im Internat auf dem Gelände des BBWs. Wenn sie mehrmals die Woche in die Innenstadt fährt, lässt sie sich am liebsten von einem Zivi oder einer Freundin begleiten. „Der Transport ist manchmal schwierig. Es sind schon Busse an mir vorbeigefahren, weil nur ein Rolli oder Kinderwagen mitfahren kann.“ Inzwischen habe sich die Situation ein wenig verbessert, so Marleen. Vor dem Bildungswerk fahren jetzt meist Busse die zumindest für zwei Rollstuhlfahrer Platz haben. Ansonsten reagieren die Menschen in der Öffentlichkeit unterschiedlich auf sie. „Manche gucken erstmal blöd. Aber es gibt auch sehr hilfsbereite Leute, einmal haben mich sogar welche mit dem Rollstuhl die Treppe hochgetragen.“ Christin Köppen

Christin Köppen

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