Von Anja Wenzel: Laufende Linksdrehung
Der Potsdamer Tanzsportclub „Rot-Gold“ feiert sein 50-jähriges Bestehen
Stand:
Zu Samba, Cha Cha Cha, zum langsamen Walzer oder klassischen Tango schmiegten sich schon seit Generationen Paare aneinander. Dem einen oder der anderen fallen die Rumbaschritte zu Santanas „Oye como va“ ein. Tanzschulen ziehen Menschen an, die ihre Liebe auffrischen wollen oder Frauen, die fremde Männer auf das Parkett schleifen. Weil es eben nichts Schöneres gebe, als zu zweit zu tanzen, gründete das Potsdamer Ehe- und Turniertanzpaar Dieter und Astrid Wilhelm vor 50 Jahren mit anderen jungen Tanzpaaren einen Tanzkreis, den heutigen Tanzsport-Club „Rot-Gold“.
Er hat eine sehr wechselhafte Geschichte hinter sich, und mittlerweile auch eine sehr lange. „Ich muss langsam anfangen, die 1950er Jahre in den Kopf zu bekommen“, sagt Gründungsvater Wilhelm – dabei hat er sie doch in den Beinen. Schon damals galt: Ein Tanzsportverein ist nicht das gleiche wie eine Tanzschule. Im Verein wird durchaus anspruchsvoll trainiert, meist in einer nackten Turnhalle, und die Mitglieder können tanzen, so lange sie wollen. Das sei, sagt Dieter Wilhelm, meist lebenslang. Die „Rot-Gold“-Paare treffen sich auch heute noch zu täglichen Trainingszeiten in der Sporthalle in der Jägerallee. „Wir haben keine Weltmeister hervorgebracht, aber dafür viele Menschen glücklich gemacht“, sagt Dieter Wilhelm. Er ist stolz auf die Breitensportarbeit seines Vereins.
Trotzdem, das „Sahnehäubchen“ sind die Paare, die den Turniertanz wagen. In extra für diese Paare eingerichteten Turnierklassen werden seit 50 Jahren Figurengruppen in Standard und Latein trainiert, wie zum Beispiel die „Laufende Linksdrehung“ oder Posen, je nach Gelenkigkeit der Dame, wie das „Throwaway Oversway“, was soviel bedeutet, wie das Wegwerfen des linken Beines der Dame. Zu Tanzfolgen zusammengesetzt, erhält das Paar ein Startbuch und tritt auf Wettkämpfen landesweit oder auch international an. Das Tanzen wird bewertet – Fernsehzuschauer kennen das von der gerade laufenden Promi-Tanzshow „Let’s Dance“ oder vom Eiskunstlauf. Neben Taktgefühl und Musikalität wird dabei darauf geachtet, wie das Paar zueinander steht und den Tanz vermittelt, „ob es überhaupt Walzer oder einen abgehackten SlowFox tanzt“, erklärt Dieter Wilhelm. Die Kleider des Tanzpaares würden nicht bewertet, aber trotzdem solle man natürlich keine Hosen tragen, mit denen man keinen Schritt machen könne. Waren in den Anfängen des Tanzsportclubs in den 1960er und 1970er Jahre bekannten knielangen Petticoat-Kleider in Mode, sind mittlerweile langen Kleidern mit viel Tüll en vogue. Glitzersteine auf den Tanzkleidern sind im Übrigen nur den besten Tänzern vorbehalten.
Die Schritte und Posen haben sich im Wandel der Kleidermode nicht geändert, sagt Dieter Wilhelm, aber um Mitglieder musste der Verein schon bangen. Vor der Wendezeit trafen sich die Tänzer im Lindenpark Babelsberg oder in einem Saal der NVA-Grenztruppen, Schlüssel waren rar. Auch ein Mangel an anleitenden Trainern wirkte sich auf die Zahl der Paare aus. Hoffnung wuchs mit dem neu entstehenden Brandenburg und dem 1991 gegründeten Landestanzsportverband, dem „Rot-Gold“ beitrat. Trainerlizensen und feste Hallenzeiten sind nun kein Problem mehr. Mit 125 Tänzern und fünf Turnierpaaren ist der Verein glücklich bestückt, vor allem um Frühlingsbälle auszurichten: Zum Jubiläumsball von „Rot-Gold“ am kommenden Samstag, dem 29. Mai, spielt die Dresdner Galaband „Fridtjof Laubner“.
Anja Wenzel
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: