Aus dem GERICHTSSAAL: Lehrer im Ruhestand: „Verkehrssünder zeigte keine Reue!“
Selbst ernannter Ordnungshüter wegen Körperverletzung und Beleidigung zu Geldstrafe verurteilt
Stand:
Rudi R. (68, Name geändert) war mit Leib und Seele Lehrer. Auch als Pensionär kehrt er offenbar noch gern den Pädagogen heraus. Das ging am 5. April 2005 gründlich nach hinten los. Da Rudi R. sich über die Fahrweise eines Verkehrsteilnehmers ärgerte, soll er ihn als „Chaot“ und „Scheißer“ bezeichnet, dem Mann dann wutentbrannt die Fahrertür seines Autos gegen den Arm geschlagen haben. Jetzt sitzt der Lehrer a. D. auf der Anklagebank. Und schon wieder verwechselt er die Seiten. „Ich bin im Laufe meines Lebens mindestens zwölfmal um den Erdball gefahren, und das immer höflich und ordentlich“, betont er. Dann geißelt er den Fahrstil des Großteils der Verkehrsteilnehmer Brandenburgs. Auch sein Kontrahent an jenem Tag habe gegen die Vorschriften verstoßen. Deshalb sah er sich genötigt, „den Sünder“ zur Verantwortung zu ziehen. „Aber ich erkannte keine Reue.“
„Sie haben überhaupt niemanden zu reglementieren. Schließlich sind Sie kein Polizist“, entgegnet Amtsrichterin Kerstin Devriel dem Angeklagten. Doch der lässt sich nicht bremsen. „Dieser Autofahrer überholte mich auf Höhe der Feuerwehrausfahrt Breite Straße dermaßen rücksichtslos, dass ich um mein Leben fürchten musste. Wenn ich die Geschwindigkeit nicht verringert hätte, wäre es unweigerlich zur Kollision gekommen.“ Als die Ampel an der Kreuzung zur Zeppelinstraße rot zeigte, sei er ausgestiegen. „Ich habe dem Mann lediglich gesagt, Sie sind chaotisch gefahren. Sie haben Scheiße gebaut“, räumt Rudi R. ein. Doch der gut Gekleidete, von dem er vermutete, es handle sich um einen Juristen, habe sich nicht für seinen „miesen Fahrstil“ entschuldigt. „Ich stellte mir vor, der spricht heute noch Recht über einen Verkehrssünder. Das wäre doch hanebüchen.“
In diesem Fall landete Rudi R. einen Treffer. Der vermeintliche Rowdy ist ein Rechtsanwalt aus Berlin. Im Zeugenstand erklärt er, den Angeklagten gar nicht überrundet zu haben. „Ich habe es zwar versucht, aber er fuhr sofort so schnell, dass ich den Überholvorgang abgebrochen habe.“ Um so verwunderter sei er gewesen, als der Herr an der Kreuzung zu seinem Fahrzeug kam und ihn beschimpfte. „Ich bin ruhig geblieben. Aber als er mich als Scheißer bezeichnete, habe ich ihm mit einer Anzeige gedroht. Daraufhin riss er meine Fahrertür auf, meinte grinsend, die Beleidigung musst du erst mal beweisen. Dann schmetterte er sie gegen meinen Arm.“ Das Gericht hegt keinen Zweifel, dass sich der Vorfall so zugetragen hat, wie es der Zeuge bestätigte. „Er würde mit einer Falschaussage seinen Job riskieren“, stellt die Vorsitzende klar und verurteilt Rudi R. wegen Beleidigung und Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 37 Euro (insgesamt 1110 Euro). Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: