Landeshauptstadt: Leichte Autos und gesunde Knochen
Potsdam ist eine Stadt der Wissenschaften. Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Wissenschaftler je Einwohner. Dass Potsdam in Wissenschaft, Forschung und Bildung weiter voran geht, verdankt die Stadt auch der EU.
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Potsdam ist eine Stadt der Wissenschaften. Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Wissenschaftler je Einwohner. Dass Potsdam in Wissenschaft, Forschung und Bildung weiter voran geht, verdankt die Stadt auch der EU. DIE EUROPÄISCHE UNION IN POTSDAM Noch vor der EU-Osterweiterung am 1. Mai haben die PNN die Europäische Union (EU) in Potsdam aufgespürt. Seit Jahren bestimmen Entscheidungen und Gelder aus Brüssel das Leben der Potsdamer entscheidend mit. Die EU steckt in Potsdamer Straßen, kulturellen Projekten, in Wissenschaft und Bildung, in Unternehmen und Arbeitsplätzen. In Kooperation mit der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) erscheint heute in unserer EU-Serie der Teil: Die EU bildet Potsdam. Von Michael Kaczmarek Autos werden leichter, energiesparender und umweltfreundlicher. Folien werden reißfester, lassen weniger Gase durch und konservieren so die Lebensmittel länger. Und komplizierte Knochenbrüche können besser behandelt werden. Das alles ist mit Polymeren möglich. Polymere ist das Synonym für Kunststoffe. Sie spielen inzwischen in allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle. Ebenso finden sie in der Industrie die unterschiedlichsten Anwendungen. Das Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Golm entwickelt diese Kunststoffe, wobei die Forschung immer praxisbezogen ist. Meist treten Unternehmen oder öffentliche Institutionen mit konkreten Anliegen an die Wissenschaftler heran. Dass sich das Institut ebenso wie die drei Max-Planck-Institute in Golm ansiedeln konnten, ist auch der Finanzierung durch die EU zu verdanken. Etwa 30 Millionen Euro wurden in Golm für das Fraunhofer IAP investiert, um Büroflächen, Labore und ein Technikum des vorher in Teltow angesiedelten Instituts zu erbauen. 50 Prozent der Kosten wurden dabei durch Bund und Land getragen, die andere Hälfte steuerte die EU aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bei, damit von diesem Standort wichtige Impulse für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft ausgehen können (siehe Interview). Im Fraunhofer IAP werden zum Beispiel Materialien entwickelt, mit denen bei komplizierten Brüchen die Knochen fixiert werden können; die aber nach der Heilung vom Körper wieder abgebaut werden. „Bei Kieferbrüchen wird so etwas bereits angewandt, bei der Handfixierung sind wir noch in der Testphase“, erklärt Gerald Rafler, Leiter des Forschungsbereichs Synthese und Polymertechnik. Dafür müssen so genannte nanometrische Füllstoffe eingesetzt werden. „Ideale Arbeitsbedingungen“ Neben diesen medizinischen Effekten erzielt das Fraunhofer IAP auch Fortschritte für die Industrie wie etwa im Automobilbau. „Die Kunststoffe finden sich nicht nur als Stoßfänger am Auto, sondern auch unter der Motorhaube.“ Kraftstofftanks oder Belüftungsanlagen aus Kunststoff sind nur halb so schwer wie Aluminium – die Autos werden also leichter, verbrauchen weniger Benzin und schonen damit die Umwelt. So wie die Forschung am Fraunhofer IAP mit Bund-Länder-Mitteln und EU-Geldern aufgebaut wurde, konnten auch die vier Universitäts-Gebäude der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät errichtet werden. Der Einsatz von EU-Mitteln in der Bildung, Wissenschaft und Forschung konzentriert sich aber nicht nur auf Golm, sondern zieht sich durch die ganze Stadt (siehe Infokasten), die davon enorm profitiert. Potsdam hat sich einen Namen gemacht als Standort der Wissenschaften. Eine Studie von 2000 belegt, dass sich hier mit etwa 1200 Wissenschaftlern mehr Forscher im Verhältnis zur Bevölkerung tummeln als in jeder anderen deutschen Stadt. In den damals gezählten 22 außeruniversitären Forschungseinrichtungen gab es mehr als 2300 Beschäftigte. Inzwischen sind weitere Wissenschaftsschmieden hinzugekommen. Die räumliche Nähe zur Universität und zur Wirtschaft ermöglicht eine enge Zusammenarbeit. Regelmäßig schreiben Studenten Diplom- oder Doktorarbeiten, von denen die Uni ebenso profitiert, wie die Studenten, die Forschungseinrichtungen und die Unternehmen. „Wir haben hier ideale Arbeitsbedingungen“, sagt Rafler. Das hat auch das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik überzeugt, das im nächsten Jahr eine Zweigstelle in Golm erbauen wird. Die Hälfte der Investitionssumme wird von der Europäischen Union gefördert.
Michael Kaczmarek
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