zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Leichter Klaps auf den Po? Gericht: Erlaubtes Züchtigungsrecht überschritten

Aus dem GERICHTSSAAL Die neun Monate alte Maria* quengelt in ihrem Bettchen. Im Nebenzimmer spielen drei muntere Knaben im Alter zwischen acht und elf Jahren.

Stand:

Aus dem GERICHTSSAAL Die neun Monate alte Maria* quengelt in ihrem Bettchen. Im Nebenzimmer spielen drei muntere Knaben im Alter zwischen acht und elf Jahren. Zwei der Jungs stammen aus der ersten Ehe von Carola W.* (33), der dritte kommt regelmäßig zu Besuch. Sein Vater Peter B. lebt mit Carola W. zusammen. Die kleine Maria ist ihr gemeinsames Kind. Manchmal streiten sich die Eltern über Erziehungsfragen – so auch am 11. April dieses Jahres. Carola W. scheint eher nachsichtig, auch was den Sohn des Partners betrifft. Und das Quengeln von Maria hat Ursachen – sie bekommt Zähne. Peter G.* (39) aber glaubt, das Baby sei bockig. Er hebt die Tochter aus dem Bett, gibt ihr einen Klaps auf den Po, hält sie danach derb fest. „Das fand ich nicht besonders schön“, berichtet die Mutter des Mädchens im Zeugenstand. „Ich bat ihn, mir die Kleine zu geben. Aber er setzte sie heftig aufs Sofa. Maria brüllte wie am Spieß. Der Sohn meines Partners begann auch zu weinen.“ Nachdem sie den Jungen beruhigt hatte, habe sie sich mit Maria im Schlafzimmer verschanzt. „Peter trat gegen die Tür und brüllte: Wenn du mit der Kleinen abhauen willst, dann kannst du dir gleich einen Leichenwagen bestellen, falls du noch dazu kommst. Ich hatte Angst und rief per Handy die Polizei.“ Beschämt sitzt Peter G. auf der Anklagebank. Der Arbeiter muss sich wegen Körperverletzung sowie versuchter Nötigung verantworten. Die Staatsanwaltschaft betont das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung. Im Prinzip räumt der Mann die Vorwürfe ein, versucht allerdings, das Geschehen kleinzureden. „Ein paar harte Worte sind schon gefallen. Aber ich hatte zwei oder drei Bier getrunken. Und dann sage ich manchmal Dinge, die ich nicht ernst meine.“ Seine Lebensgefährtin wisse genau, dass er ihr und den Kindern kein Haar krümmen würde. „Sie fühlte sich an diesem Tag aber eindeutig bedroht. Und Ihre Tochter spürte die ungute Stimmung auch“, wirft die Richterin ein. „Wie war das denn nun mit dem Klaps auf das Hinterteil?“, hakt sie nach. „Das war nur ein leichter Schlag auf die Windel, denn kann sie gar nicht gemerkt haben“, glaubt der Angeklagte. Energisch bestreitet er, das Kleinkind über Gebühr fest angefasst zu haben. Ich habe ja normalerweise schon Angst, Maria hochzuheben.“ Peter G. kam nach diesem Vorfall erst einmal in die Ausnüchterungszelle. Er hatte immerhin 1,9 Promille intus. Inzwischen hätten sich die familiären Wogen wieder geglättet, erzählt er. „Es tut mir Leid, dass es dazu gekommen ist, zumal meine Partnerin schon Gewalterfahrungen aus ihrer ersten Ehe besitzt.“ Der Angeklagte habe das erlaubte Züchtigungsrecht überschritten, betont die Vorsitzende. Mit der verhängten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 12 Euro geht sie über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die auf eine finanzielle Sanktion auf Bewährung plädierte. (*Namen geändert.) G. Hohenstein

G. Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })