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Landeshauptstadt: Leistikowstraße: Ausstellung noch nicht vollständig Themen Widerstand und Gulag in zweiter Phase Kritiker verweisen auf Brief Berggreen-Merkels
Nauener Vorstadt - Die neue Dauerausstellung für die Gedenkstätte Leistikowstraße ist nach der geplanten Eröffnung in der kommenden Woche noch nicht vollständig. Erst in einer „zweiten Projektphase“ werde der Widerstand in der sowjetischen Besatzungszone und das stalinistische Gulag-System explizit dargestellt, sagte Horst Seferens, Sprecher der Brandenburgischen Gedenkstättenstiftung, am Mittwoch den PNN.
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Nauener Vorstadt - Die neue Dauerausstellung für die Gedenkstätte Leistikowstraße ist nach der geplanten Eröffnung in der kommenden Woche noch nicht vollständig. Erst in einer „zweiten Projektphase“ werde der Widerstand in der sowjetischen Besatzungszone und das stalinistische Gulag-System explizit dargestellt, sagte Horst Seferens, Sprecher der Brandenburgischen Gedenkstättenstiftung, am Mittwoch den PNN.
Hintergrund seiner Erklärung ist ein Brief aus dem Hause des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Bernd Neumann (CDU), an den Vorsitzenden des Gedenkstättenvereins Leistikowstraße, Richard Buchner. Wenige Tage vor der Eröffnung der Dauerausstellung am 18. April sehen sich die Kritiker der Exposition durch das Schreiben, das den PNN vorliegt, bestätigt. Bei der Erarbeitung der Ausstellung sei „vorrangig“ gewesen, den betagten Opfern des ehemaligen Untersuchungsgefängnisses des sowjetischen Geheimdienstes Smersch den Besuch der Ausstellung zu ermöglichen, schreibt Ingeborg Berggreen-Merkel, Ministerialdirektorin des Bundeskulturbeauftragten, darin. Dann heißt es: „Dafür wurde in Kauf genommen, dass einige Bereiche wie der Widerstand und der Gulag nicht oder nicht in der notwendigen Tiefe dargestellt sind.“ Weiter schreibt die ranghohe Mitarbeiterin des Bundesbeauftragten: „Auch eine Dauerausstellung ist nicht statisch, sondern wird ständig weiterentwickelt.“
„Wir fühlen uns bestätigt“, erklärte Briefadressat Buchner. Konflikte mit dem Gedenkstättenverein hätten vermieden werden können, hätte Gedenkstättenleiterin Ines Reich mit den im Verein engagierten früheren Häftlingen kooperiert. Stattdessen habe sie „autokratisch“ und „selbstherrlich“ agiert. Vereinsmitglied Bob Bahra wertet den Brief Berggreen-Merkels, die am Mittwoch für die PNN nicht erreichbar war, als „totale Distanzierung“ von der Ausstellung. Widerstand in der sowjetischen Besatzungszone und das Arbeitslagersystem Gulag sei „kein vernachlässigbarer Teil“, sondern „das Hauptthema, das Zentrum“. Zeitmangel lässt Bahra als Argument nicht gelten: „Nach drei Jahren – unglaublich!“
Im brandenburgischen Kulturministerium liest man den Brief etwas anders: Eine Distanzierung wäre „die falsche Interpretation“, erklärte Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) den PNN. Die Ministerialdirektorin beziehe sich auf eine Entscheidung des Kuratoriums der Gedenkstätte, wonach geplante Ausstellungsthemen erst später erarbeitet würden. Die Gedenkstättenleiterin habe „glaubwürdig dargestellt, es sei nicht zu schaffen“. Die Dauerausstellung werde „in den nächsten Jahren“ um die Aspekte ergänzt, „die den ehemaligen Häftlingen so am Herzen liegen“, sagte Gorholt.
Seferens von der Gedenkstättenstiftung erklärte: „Es gibt einen Stufenplan.“ Aus „zeitlichen und finanziellen Gründen“ sei es in der ersten Projektphase, deren Ergebnisse ab 18. April zu sehen sind, um die Biografien von Häftlingen gegangen: „Es war nötig, möglichst viele Häftlingsschicksale zu thematisieren.“ In der zweiten Projektphase solle dann das Gulag-System, die Prozesse, Todesurteile, der Strafvollzug, Entlassungen und das Leben der Häftlinge mit ihren Erinnerungen dargestellt werden. Seferens betonte, dass diese Aspekte auch bei den erarbeiteten Häftlingsbiografien eine große Rolle spielten. Zudem verwies er auf die ab im Mai 2012 zu sehende Schülerausstellung zur „Meuselwitzer Gruppe“, eine Gruppe von widerständigen Schülern der Meuselwitzer Oberschule. „Da geht es um Widerstand“, sagte Seferens.
Die Stiftung Leistikowstraße unter dem Dach der Brandenburgischen Gedenkstättenstiftung wurde Ende 2008 gegründet. 908000 Euro – 463 000 Euro vom Land, 445 000 Euro vom Bundeskulturbeauftragten – stehen für die Ausstellung zur Verfügung. Den Vorwurf, die Zeit nicht genutzt zu haben, weist Seferens zurück. Nachdem Ines Reich im April 2009 als Gedenkstättenleiterin eingestellt wurde, habe zunächst Personal gefunden und geschult, Büros eingerichtet, der Interimsbetrieb organisiert werden müssen. Für die reine Ausstellungserarbeitung „mit umfangreicher Grundlagenforschung“ haben Seferens zufolge nur zwei Jahre zur Verfügung gestanden – „eine normale und übliche Zeit für ein solches Projekt“.
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