Landeshauptstadt: Lernen fürs Leben
Ein Potsdamer Projekt des Inwole-Vereins bietet Qualifizierungsmöglichkeiten für jugendliche Migranten
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Jugendliche, die ihre Heimat verlassen müssen, haben es schwer. Das geht in den aktuellen Debatten um vermeintliche oder echte Integrationsverweigerer oft unter. Denn: Flüchtlingskinder mit Duldungsstatus dürfen in Deutschland zwar zur Schule gehen, aber eine Ausbildung beginnen oder gar einen Beruf ergreifen dürfen sie nicht.
Der Potsdamer „Verein innovativer Wohn- und Lebensformen“, kurz Inwole, versucht mit einem interkulturellen Projekt, Berufsqualifikation und Integration zu verbinden. „Wir können keine Berufsausbildung bieten, aber wir versuchen, handwerkliche Qualifikationen zu fördern oder wiederzubeleben, was an kreativem Potenzial bei der Flucht auf der Strecke blieb“, sagt Holger Zschoge, einer der Initiatoren von Inwole. Lernen und leben werden in dem Mehrgenerationenhaus in Babelsberg eng zusammen gedacht. So können die Jugendlichen in der Fahrradwerkstatt ihre Räder reparieren oder in Holz-Kursen lernen, eigene Möbel zu zimmern. Selbst wenn aus den hier erlernten Fähigkeiten kein Berufswunsch entsteht, die dürftig eingerichteten Zimmer im Asylbewerberheim am Schlaatz, aus dem die meisten der jugendlichen Migranten kommen, ließen sich damit allemal verschönern, meint Zschoge.
Das Hauptbedürfnis der Jugendlichen sei aber eigentlich, aus der Isolation des Wohnheims abgeholt zu werden, erklärt Zschoge. Denn auch, wenn das Heim in Potsdam glücklicherweise in der Stadt und nicht mehr am Rand liege, sei es für die jungen Erwachsenen mit Duldungsstatus oft schwer, sich aus dem Alltag des Heims zu lösen. Offiziell arbeiten dürfen sie nicht, deshalb haben sie nach dem Schulabschluss oft keine Perspektive.
Inwole versucht mit dem 2007 ins Leben gerufenen Projekt, diese Leerstelle zu füllen. Doch das ist nur die Hälfte des Konzepts, wie Zschoge erklärt: „Nach den Kursen gehen die Leute nicht einfach nach Hause, sie können hier kochen, mit den Bewohnern unseres Mehrgenerationenhauses gemeinsam essen.“ Sprachprobleme gibt es dabei nicht, auch einige der 17 Mitarbeiter von Inwole, die im Haus leben, kommen aus anderen Ländern, zur Not verständige man sich eben auf Englisch und Französisch. Allzu oft dürfte das aber gar nicht nötig sein, denn viele der Jugendlichen verbringen den Vormittag an der Volkshochschule – im Deutschkurs. Die Pilotförderung von 210 000 Euro, welche die „Aktion Mensch“ getragen hatte, ist gerade zu Ende gegangen. Derzeit bemüht sich der Verein, die in den vergangenen drei Jahren geborenen Ideen umzusetzen. Bisher musste die meiste Zeit vor allem genutzt werden, um Grundinformationen zu sammeln. So recherchierten Inwole-Mitarbeiter, wie man jungen Flüchtlingen in Potsdam überhaupt zu einer Ausbildung verhelfen kann, außerdem wurde versucht, Netzwerke mit anderen Projekten aufzubauen. Nun will man sich auch mithilfe der Kontakte auf die praktische Umsetzung konzentrieren.
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