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Das neue Assessment-Zentrum des Berufsbildungswerkes im Oberlinhaus bietet jungen Menschen mit Behinderungen völlig neue Möglichkeiten

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Das neue Assessment-Zentrum des Berufsbildungswerkes im Oberlinhaus bietet jungen Menschen mit Behinderungen völlig neue Möglichkeiten Von Henner Mallwitz Wenn Daniel Gutmann an „seinem“ Haus entlang geht, gerät er unweigerlich ins Schwärmen. „Da ist uns etwas Tolles gelungen“, sagt der Berliner Architekt mit Blick auf den neuen Bau des Berufsbildungswerkes (BBW) im Oberlinhaus. Im vergangenen Monat wurde das ZEBRA, das Zentrum für berufliches Reha-Assessment und barrierefreies Wohnen, an der Steinstraße eingeweiht. Nach nur sechs Wochen stand dank eines in Berlin-Hellersdorf produzierten Baukastenprogramms der Rohbau – danach blieb ausreichend Zeit für die äußere Gestaltung und das moderne Innenleben des knapp vier Millionen Euro teuren Baus. Das BBW vertraute dabei auf den Berliner, der in der Vergangenheit schon mehrere Gebäude für das Berufsbildungswerk entworfen hatte. Die Fassade auf der Vorderseite geht in einer gewölbten Form unmittelbar in das Dach über: „Von innen heraus betrachtet, soll diese Form den Bewohnern und Besuchern ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit geben“, begründet der Architekt seinen Entwurf. Glas und Beton bestimmen das äußere Erscheinungsbild, verschiedene Gestaltungselemente sollen den Bewohnern die Orientierung erleichtern: Hier befindet sich unsere Küche, hinter diesem Erkerfenster steht unser Tisch, da wird gewohnt, dort wird gearbeitet. Im Inneren stand vor allem ein Gedanke im Vordergrund: die behindertengerechte Ausstattung mit modernster Technik, alles trotzdem in wohnlicher Atmosphäre verpackt. Gebäudeautomatisierung heißt das Zauberwort – sie macht es den Behinderten erst möglich, sich wahrlich barrierefrei in ihrem neuen Haus bewegen zu können. Alle Räume können von Rollstuhlfahrern leicht erreicht werden, in den Küchen sind sowohl die Arbeitsplatten als auch die Hängeschränke in der Höhe verstellbar, und in den Bädern lassen sich die Waschbecken in der Höhe verstellen. Auch ein Sprachsystem ist bereits installiert: Es ermöglicht vor allem den Schwerbehinderten, alle elektrisch betriebenen Geräte wie Türen, Lampen oder Fernseher per Sprache zu steuern. Die Wohnbereiche wurden zudem in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des BBW geplant, wobei auf die Erfahrungen aus den vier bisherigen Internatshäusern zurückgegriffen werden konnte. In den beiden Obergeschossen gibt es jeweils zwei Wohngruppen mit sechs und zwei Appartements mit zwei Personen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Internaten vermitteln die Wohngruppen eine private Atmosphäre innerhalb einer überschaubaren Gruppe. Die anspruchsvollen Möbel in den Räumen lieferte das Potsdamer Möbelhaus More & Wolf: Helle freundliche Farben bestimmen das Bild, auf „Eiche rustikal“ wurde bewusst verzichtet. Aber auch so manch „alter Hase“ im Baugewerbe konnte an das Unternehmen ZEBRA nicht ohne weiteres herangehen. Wie etwa der Innungsbetrieb von Wilfried Frohberg, der an der Steinstraße die Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsarbeiten übernahm. „Schon rechtzeitig habe ich die Fortbildung zum „Fachbetrieb für senioren- und behindertengerechte Installation bei unserem Fachverband abgeschlossen“, so der Kleinmachnower Installateurmeister. „Auf diesem Gebiet wollen wir auch künftig aktiv sein.“ Alles in allem ein Bau, der nahezu reibungslos von der Hand ging: Die geplante Bauzeit von einem Jahr wurde exakt eingehalten, die Aufnahme zusätzlicher Kredite war nicht nötig, Unfälle kamen ebenfalls nicht vor, und vor Gericht mussten sich Handwerker und Bauherr auch nicht wieder sehen. Das Zentrum für berufliches Reha-Assessment (ZEBRA) des Berufsbildungswerkes im Oberlinhaus existiert bereits seit September 2002 als Arbeitsstelle. Zielgruppen in der Arbeit sind unter anderem junge Menschen mit Behinderungen, denen die Berufsberatung noch keinen abschließenden Eingliederungsvorschlag unterbreiten konnte. Aber auch Menschen mit gravierenden Behinderungen, die noch nicht zu einer beruflichen Perspektive gefunden haben, finden bei ZEBRA kompetente Ansprechpartner. Und nicht zuletzt widmet sich das Team jungen Leuten mit Behinderungen, die bei ihrer Berufswahl besonderer Unterstützung oder sogar der besonderen Hilfen medizinisch-beruflicher Rehabilitation bedürfen. „Seit der Gründung unseres Reha-Assessment-Zentrums hat das achtköpfige interdisziplinäre Basisteam fast 250 Teilnehmer bei der Wahl des geeigneten Ausbildungsberufes unterstützen können“, so BBW-Geschäftsführer Wilhelm Eichhorn. „Insgesamt erhalten im BBW rund 650 Jugendliche mit unterschiedlichen Behinderungen in 26 kaufmännischen und handwerklichen Berufen eine Berufsausbildung oder nehmen an einem Förderlehrgang teil.“ Dabei werden die wichtigsten Fragen mit den Fachkräften gemeinsam geklärt. Welcher Beruf ist der richtige für mich? Kann ich in einem Betrieb oder in einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation eine Ausbildung beginnen? Und welche Weiterbildung oder Umschulung gibt es für mich?Auf dem Programm stehen dann sowohl das etwa einwöchige Kompakt-Assessment KOMPAS, die Arbeitserprobung, die bis zu einem Monat dauern kann, die Berufsfindungsmaßnahme zur Abklärung der beruflichen Eignung – sie dauert bis zu einem Vierteljahr – und nicht zuletzt einzelfallbezogene Angebote. Ärzte, Ausbilder, Psychologen und Sozialpädagogen, Lehrer und Therapeuten helfen den jungen Leuten beim Feststellen ihrer persönlichen Voraussetzungen, ihrer Interessen und Stärken. Sie können sich in verschiedenen Berufsfeldern ausprobieren und erhalten Informationen über Berufe sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Die angebotenen Berufsfelder bei ZEBRA sind äußerst weit gefächert: Sie reichen von Verwaltungsberufen über Berufe in Druck und Medien bis hin zu solchen in der Metall,- Holz- und Orthopädietechnik sowie der Ernährungs- und Hauswirtschaft. Während sich im oberen Teil des neuen Hauses der Internatsbereich befindet, ist auf der unteren Etage das Assessment-Zentrum eingerichtet worden. Hier stehen den Bewohnern unter anderem Berufspraxisräume zur Verfügung. Bei der Eröffnung im April fand Wilhelm Eichhorn die richtigen Worte, als er den modernen Standart des Gebäudes würdigte: „In solchen Einrichtungen wurden bislang nur Führungskräfte auf Herz und Nieren geprüft. Nun stehen diese Möglichkeiten endlich auch Behinderten zur Verfügung.“ In den Internatsgebäuden an der Steinstraße können nun insgesamt mehr als 320 Jugendliche wohnen; zusätzlich verfügt das BBW über 120 Plätze in Kleinmachnow. Sie werden von mehr als 300 Mitarbeitern in den verschiedenen Bereichen betreut: Das Berufsbildungswerk ist damit einer der größten Arbeitgeber in der Region.

Henner Mallwitz

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