Landeshauptstadt: Lernprozess Bürgerwille
Verwaltung gesteht Fehler beim Bürgerhaushalt ein
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Harsche Kritik schlug der Potsdamer Verwaltung seitens einiger Bürger und Interessenvertreter beim letzten öffentlichen Auftritt zum Bürgerhaushalt 2006 am Donnerstagabend im Treffpunkt Freizeit entgegen. Während Wolfram Meyerhöfer – er steht der Fraktion Die Andere nahe – den Umgang mit den Bürgervorschlägen seitens der Verwaltung als „rotzig“ bezeichnete, erklärte auch der Vorsitzende der Potsdamer Zivilgesellschaft, Horst Grützke, den Bürgerhaushalt in der jetzigen Form als fernab des Bürgerwillens. Oberbürgermeister Jann Jakobs wies die harsche Kritik Meyerhöfers zurück, gestand jedoch ein, dass nicht alle Dinge optimal gelaufen seien. Beim Haushalt 2007 werde daher früher mit der Beteiligung der Potsdamer begonnen, die dann auch per Internet ihre Meinung sagen könnten.
Genau 96 Vorschläge von Potsdamern sind in diesem Jahr während der Haushaltsdiskussion eingegangen, für 50 derer nahm die Verwaltung für sich in Anspruch, diese bereits umzusetzen. Vertreter der Fraktion Die Andere warfen der Verwaltung vor, eine Interessenauswahl getroffen zu haben. Bei der Frage „Auf was könnten Sie am ehesten verzichten?“ seien 13 von 20 Antworten „Großprojekte wie Stadtschloss, Spaßbad und Garnisonkirche“ gewesen, sagte Falk Richter. Auch dies sei Bürgerwille, der jedoch nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Zudem sei nicht vermittelbar, dass wegen Kosteneinsparungen Schulen weniger gereinigt werden, jedoch Millionenbeträge für die Stadtschloss-Baufeldfreimachung ausgegeben werden. Der Fraktionschef der Potsdamer Bündnisgrünen Peter Schüler nannte die Äußerungen Richters „populistisch“ und wenig hilfreich in der Diskussion. Das Thema Stadtschloss und Potsdamer Mitte blieb am Donnerstag prägend in der Bürgerhaushaltsdiskussion: Auch Grützke sagte, die Mehrheit der Politiker sei für das Stadtschloss, ob dies jedoch auch die Mehrheit der Potsdamer sei, könne nicht festgestellt werden. Denn repräsentative Befragungen der Potsdamer hätten nicht stattgefunden.
Da nur ein Bruchteil der Einwohner sich beteiligt hätten – und die Mehrzahl davon Vertreter von Interessengruppen seien – ist die Repräsentativität der Vorschläge ohnehin schwierig zu beurteilen, hieß es. Auch beim diesem dritten Treffen zum Bürgerhaushalt 2006 waren nur ein dutzend Zuhörer nicht organisierte Teilnehmer, ergab eine Zählung. SPD-Fraktionschef Mike Schubert sagte daher, es sei bisher nicht gelungen, „die Bürger zu motivieren“. Dies sei zentrale Aufgabe der Zukunft. jab
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