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Aus dem GERICHTSSAAL: Letzte Chance für mehrfach vorbestraften Schläger

Mit Bierglas heftig zugehauen / Lehrbeginn bewahrt den Angeklagten vor einer Gefängnisstrafe

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Aus dem GERICHTSSAALMit Bierglas heftig zugehauen / Lehrbeginn bewahrt den Angeklagten vor einer Gefängnisstrafe Dirk D.* (22) erschien als Arzt verkleidet auf der Karnevalsveranstaltung am 6. Februar dieses Jahres. Besonders makaber an seiner Kostümierung war, dass er zu später Stunde einem ahnungslos Feiernden mit Wucht ein Bierglas über den Kopf schlug. Die zum Tatort gerufenen echten Mediziner diagnostizierten eine große, heftig blutende Platzwunde, die mit mehreren Stichen genäht werden musste. Dirk D. beruft sich auf alkoholbedingte Amnesie. „Meine Kumpels haben mir am nächsten Tag erzählt, dass ich wieder Scheiße gebaut habe“, erzählt der wegen gefährlicher Körperverletzung Angeklagte vor Gericht. „Sie wissen also gar nichts mehr?“, hakt Amtsrichter Francois Eckardt nach. Der Kurzhaarige nuschelt, er könne sich vage an eine Auseinandersetzung auf der Tanzfläche erinnern. „Jemand hat meine Freundin an den Hintern gefasst.“ Das habe ihn wohl ausrasten lassen, vermutet der wegen Diebstahls, mehrfacher Körperverletzung, Volksverhetzung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Trunkenheit im Verkehr Vorbestrafte. „Ich habe an diesem Abend einen Bekannten getroffen, den ich lange nicht gesehen hatte“, erinnert sich Bodo B.* (33) im Zeugenstand. Mit diesem saß er in fröhlicher Runde am Tisch, als der Angeklagte dazukam und zu pöbeln begann. „Mein Bekannter und er lieferten sich ein Wortgefecht, dass ich schlichten konnte. Auf einmal verspürte ich einen Schlag auf den Hinterkopf.“ Instinktiv habe er sich an die schmerzende Stelle gefasst. „Meine Haare, meine Klamotten, alles war blutig.“ Noch sechs Wochen nach dem Übergriff habe er, besonders nach dem Aufstehen, unter Störungen der Motorik gelitten, berichtet der Kraftfahrer. „Was geschehen ist, kann ich leider nicht mehr rückgängig machen. Ich möchte mich dafür aber entschuldigen“, meldet sich der Angeklagte zu Wort. Dessen Verteidiger ergänzt, Dirk D. werde – sobald er seine Lehre am 1. September aufgenommen habe – Schmerzensgeld an sein Opfer zahlen. „Bei einer Kopfplatzwunde dieser Größe dürften schon einige Hunderter zusammenkommen.“ Eigentlich – so der Staatsanwalt – gehöre der vielfach einschlägig Vorbestrafte, der die Tat zudem während einer laufenden Bewährung beging, endlich hinter Schloss und Riegel. Doch wolle er ihm nicht die Chance des Ausbildungsbeginns verbauen. Auch der Richter drückt beide Augen zu. Das Urteil: Ein Jahr Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit. „Lassen Sie sich noch einmal etwas zuschulden kommen, fahren Sie ein. Das wird bestimmt nicht lustig, und die Lehrstelle ist dann auch weg“, warnt der Vorsitzende. (*Namen geändert.) Hoga

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