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Platzfrage. Die Stadtverordneten wollen Ludwig Levy ehren – aber wo?

© privat

Landeshauptstadt: Levy-Straße wird zum Streitfall

SPD will Friedhofsgasse nicht umbenennen – Ludwig Levy soll anderswo geehrt werden. Rathaus irritiert

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Teltower Vorstadt - An der geplanten Umbenennung der Friedhofsgasse in Ludwig-Levy-Straße regt sich Kritik. Die SPD-Fraktion im Potsdamer Stadtparlament positioniert sich mit einem Änderungsantrag überraschend gegen entsprechende Pläne des Rathauses, die im Kulturausschuss bereits einstimmig befürwortet wurden. In dem Antrag fordert die SPD nun, nicht die Friedhofsgasse, sondern den Platz an der Ecke der Friedrich-Engels-Straße und Friedhofsgasse nach dem jüdischen Rechtsanwalt und Stadtpolitiker zu benennen. Gegenüber den PNN brachte SPD-Fraktionschef Mike Schubert zudem die Benennung einer neuen Straße im Baugebiet Brauhausberg nach Levy ins Spiel. Im Rathaus sorgt der Vorstoß für Unverständnis.

Man habe Bauchschmerzen mit der geplanten Änderung eines „alterwürdigen Straßennamens“, erklärte SPD-Fraktionschef Mike Schubert den Änderungsantrag. Dass die Stadtverwaltung die Straße nur wegen des dort geplanten Seniorenheimes umbenennen möchte, sei unglücklich, sagt Schubert, der von einem Dilemma spricht. „Wir wollen eine Ludwig-Levy-Straße, aber wir wollen den Namen vor einer unseligen Diskussion schützen“, betont er.

Tatsächlich begründet die Stadt die geplante Umbenennung mit einem Antrag des Investors – des städtischen Bauunternehmens ProPotsdam – auf Namensänderung. Wie berichtet will die ProPotsdam an dieser Stelle barrierefreie Seniorenwohnungen errichten. Sollte die Friedhofsgasse auf Investorenwunsch umbenannt werden, wäre damit ein Präzedenzfall geschaffen, argumentiert Schubert: Andere Investoren könnten ebenfalls die Umbenennung von Straßen einfordern.

Im Rathaus zeigte man sich irritiert über den Vorstoß: Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wolle nach wie vor die Ludwig-Levy-Straße anstelle der Friedhofsgasse, sagte Rathaussprecher Stefan Schulz den PNN. Levy als jüdischer Sozialdemokrat und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Potsdamer Stadtparlaments soll zudem mit einer Gedenktafel im Rathaus geehrt werden.

Die Friedhofsgasse habe einen „urhistorischen Namen“, bestätigt indes der Historiker Klaus Arlt, Potsdams Straßennamen-Experte, auf PNN-Anfrage: Die Straße, die früher Kirchhofgasse hieß, ist seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem Namen bekannt – damals ersetzte der Begriff „Friedhof“ den älteren Ausdruck „Kirchhof“. Es sei aber nicht ungewöhnlich, dass Straßennamen auf Investorenwunsch geändert werden, sagte Arlt weiter. So sei etwa beim Bau der Brandenburger Vorstadt zur Gründerzeit die frühere Viehmästerstraße in Lennéstraße umbenannt worden: „Die Investoren wünschten einen hübschen Namen, damit sich das besser verkaufen lässt.“

Ludwig Levy ist von den Stadtverordneten im März 2012 mit höchster Priorität in den sogenannten Straßennamenpool aufgenommen worden. Der jüdische Rechtsanwalt und SPD-Politiker bekam 1933 von der Nazi-Regierung Arbeitsverbot und litt später unter anderem in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. 1938 konnte er mit seiner Frau nach Palästina emigrieren. jaha

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