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Landeshauptstadt: Lichterfest im Synagogen-Schatten

Jüdisches Chanukka-Fest gespalten / Vorgeschlagener Stiftungsrat für Synagogenbau fraglich

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Gleich zweimal haben die Potsdamer Juden am Wochenende das Lichterfest Chanukka in der Öffentlichkeit gestartet. Die Jüdische Gemeinde Potsdam lud dazu Samstagabend vor das Rathaus und die Synagogengemeinde am Sonntagnachmittag auf die Nuthestraße vor der Skulptur „Nach Vorn“. Die Zweiteilung ist Ausdruck des Streites um den Synagogenbau und die Pflege der jüdischen Tradition

Den Chanukka-Segen erteilte auf der Nuthestraße Rabbiner Nachum Presman und vor dem Rathaus der neue Berliner Rabbiner Reuven Konnik. Dieser ist seit August Amtsnachfolger von Shlomo Afanasev, der laut Konnik wegen seiner Fortbildung ausschied.

Von beiden Gemeinden nahmen zahlreiche Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche sowie Gäste an den Feiern teil. Mit fast 400 Mitgliedern ist die Jüdische Gemeinde Potsdam die größte in der Landeshauptstadt. Die Synagogengemeinde hat nach Auskunft ihres Vorsitzenden Ud Joffe 160 Mitglieder.

Zu beiden Veranstaltungen war der brandenburgische Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) gekommen. Dieser hatte sich in den vergangenen zwei Jahren erfolglos um die Schlichtung des Synagogenstreites bemüht.

Noch im Jahre 2009 fand vor dem Plattenbau Schlossstraße 1 am dritten Tag von Chanukka ein Fest mit der Aussicht auf eine neue Synagoge statt. Der amtierende Rabbiner Nachum Presman äußerte damals die Überzeugung, dass der Bau im April 2012 fertig sein könnte. Nach einer europaweiten Ausschreibung war die Arbeit des Berliner Architekten Jost Haberland als Siegerentwurf gekürt worden. Das Land wollte die Baukosten, etwa viereinhalb Millionen Euro, übernehmen.

Auf einer dramatischen Versammlung des Bauvereins Neue Synagoge im März 2010 gab es heftigen Widerstand einer Gruppe um Ud Joffe gegen die Baupläne Haberlands. Presman und andere liefen anschließend zu der von Joffe gegründeten Synagogengemeinde über.

2010 war der Plattenbau an der Schlossstraße abgerissen worden. Die Jüdische Gemeinde Potsdam erhielt ein 570 Quadratmeter großes Übergangs-Domizil in der Werner Seelenbinder-Straße, welches die Pro Potsdam GmbH für 150 000 Euro modern herrichten ließ.

Das Land als Bauherr scheute sich wegen des eskalierenden Konfliktes zwischen beiden Gemeinden, mit dem Bau der Synagoge zu beginnen. Der Vorsitzende des Bauvereins Peter Schüler zeigt sich enttäuscht über diese Politik. „Das Land hätte mit dem Bau, der von der Jüdischen Gemeinde Potsdam gewollt ist, anfangen müssen“, äußerte Schüler am Samstag gegenüber den PNN. Gorholt setzt jetzt auf eine Betreiberstiftung. Am Wochenende zeigte sich der Staatssekretär optimistisch, dass der Stiftungsrat, in dem beide Gemeinden mit jeweils drei Sitzen vertreten sein sollen, Mitte Januar zustande kommt. Bau- und Förderverein bleiben dabei außen vor. Joffe sprach gestern bei aller Anerkennung für Gorholts „Bemühungen ohne vorgefertigte Vorurteile“ auch von Gegensätzen. Seine Teilnahme am Stiftungsrat ließ er gegenüber den PNN offen: „Unsere Tradition ist 3000 Jahre alt und in dieser Zeit sind wir ohne Stiftungsrat ausgekommen.“ G.S.

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