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In Heldenpose bei den Sternenguckern. Vor dem Leibniz-Institut für Astrophysik in der Babelsberger Sternwarte wurde am Donnerstag die letzte Filmschauplatz-Fahne für „Stürme über dem Montblanc“ gehisst.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Liebessturm am Alpengipfel

Jakobs hisste die letzte Filmschauplatz-Fahne und pries das Themenjahr

Von Peer Straube

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Ganz zum Schluss noch der Gipfel. Ein Mann, die Pfeife lässig im Mundwinkel, ein Seil über der Schulter, den Fuß in Großwildjägerpose auf einen spitzen Berggrat gestellt. Sepp Rist heißt dieser Mann. Ein Schauspieler, der heute nur noch Cineasten etwas sagen dürfte.

Sein Bild prangt auf der letzten Fahne zum Filmschauplatz des Monats, mit dem die Stadt am Donnerstag ihr Themenjahr Film offiziell ausläutete. „Stürme über dem Montblanc“ heißt der Streifen aus dem Jahre 1930, der in einigen Szenen am heutigen Leibniz-Institut für Astrophysik (AIP) an der Babelsberger Sternwarte gedreht wurde. Weitaus bekannter als Sepp Rist dürfte wohl seine Partnerin in dem Schmachtfetzen vor majestätischer Alpenkulisse sein: Leni Riefenstahl. „Stürme über dem Montblanc“, produziert von der Berliner Althoff-Amboss-Film-Allee erzählt die Geschichte des Meteorologen Hannes (Rist), der einsam auf einer Wetterstation des höchsten Alpengipfels arbeitet und sich in die schöne Hella (Riefenstahl) verliebt. Nach einigen Turbulenzen, darunter ein Schneesturm, der Hannes beinahe sein Leben kostet – fliegt Hella mit Fliegerass Udet (Ernst Udet selbst) zum Happy End auf die Berghütte. Das „Lexikon des Internationalen Films“ wettert über die „Belanglosigkeit der Handlung“, dessen „heroisches Pathos den Intentionen der NS-Kulturpolitik besonders entgegenkam“, bescheinigt dem Streifen immerhin jedoch eine „Eindringlichkeit der Naturpanoramen“.

Dieter Wiedemann, Präsident der „Konrad Wolf“-Filmhochschule (HFF), hat der Film dagegen auch „ästhetisch nicht überzeugt“. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kennt den Streifen zwar nicht, doch freute er sich über die „wunderbare Verknüpfung zwischen Film und Wissenschaft“, die das Werk – der erste Tonfilm des Bergfilmspezialisten Arnold Fanck – darstelle.

Das Filmjahr, frohlockte Jakobs, sei „eines der erfolgreichsten Themenjahre gewesen, die wir je hatten“. Das Konzept habe sich als „tragfähig“ erwiesen, nicht zuletzt dank der vielen Partner wie Filmpark, Filmmuseum, Ufa und HFF, die das Jahr mit eigenen Veranstaltungen aufgepeppt hatten. Über 180 davon hat es bislang gegeben. Filmmuseumschefin Bärbel Dalichow sprach von einem „Segen“ für ihr Haus. Allein das Hissen der Filmschauplatzfahnen habe Wirkung gezeigt: „Da hat sich auch Otto Mustermann angesprochen gefühlt, Leute, die geglaubt haben, in unser Haus kommen nur Filmfreaks.“ Die Vorführung der Filmschauplatz-Streifen im Filmmuseum habe ganz normales Volk angezogen. Damit, so Dalichows Resümee, „haben die Einwohner dieses Städtchens begriffen, dass wir eine Filmstadt sind“. Vorher sei dies nur eine „Marketingbehauptung“ gewesen.

Matthias Voß vom Filmpark verwies auf die Wirkung, die der Filmstandort Potsdam selbst in Amerika habe. „Wenn du da erzählst, hier hat Marlene den ,Blue Angel’ gedreht und Quentin Tarantino seine ,Inglourious Basterds’, dann wollen die gleich einen Ausreiseantrag stellen“, witzelte Voß. Christian Müller, Sprecher der Ufa, die in diesem Jahr die Filmnächte an der Orangerie inszenierte, beschwor ebenfalls die Bedeutung des Medienstandorts. Andernfalls hätte Europas größter Fernsehproduzent (GZSZ) seine Abwanderungsgedanken nicht ad acta gelegt. Die Filmnächte wolle man, wenn auch in kleinerem Umfang, auch im nächsten Jahr durchführen, so Müller.

Während das Rathaus-Filmjahr zu Ende geht, wird in Babelsberg weitergefeiert – 2012 begehen die Studios ihr 100-jähriges Bestehen. Wegen des vorgezogenen Filmjahres hatte es Verstimmungen bei den Studiochefs gegeben. Jakobs sagte, er sei nach wie vor der Meinung, dass sich die Themen Friedrich 300 und Film nur unnötige Konkurrenz gemacht hätten. Man werde aber 2012 auch mit den Studios feiern. Im Mai oder Juni wollen alle Medienstadt-Einrichtungen einen Tag der offenen Tür ausrichten.

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